Bechert und Henze - „interessante Musik“

■ Unser Jahrhundert ist in der Glocke „spannend“

„Interessant“ ist das sprachliche Äquivalent von „schön“, wenn es um die Konzert-Musik dieses Jahrhunderts geht. Es war „interessant“ oder gar „spannend“, sagen sich die ZuhörerInnen hinterher, die ihre Abonnementskarten nicht verschenkt und auch nicht vorzeitig gegangen sind. Im „zweiten Philharmonischen Sonderkonzert“ hat das Philharmonische Staatsorchester unter Klaus Bernbacher am Montag abend „Musik unseres Jahrhunderts“ vorgestellt: Ein Cello-Konzert des 31 Jahre jungen „Bremer“ Komponisten Ernst Bechert, eine Auftragsproduktion von Radio Bremen, und die 7. Symphonie des „Klassikers“ des 20. Jahrhunderts, Hans Werner Henze.

Die Glocke war anfangs voll, als Ramon Jaffe (27) aus Riga/Jerusalem am Cello das Stück des ehemaligen Schülers des Schulzentrum Parsevalstraße spielte.

Bechert komponiert Orchester- und Kammermusik, „die im offiziellen Konzertbetrieb inzwischen ihren festen Platz behaupten kann“, versprach das Programmheft. Das Cello -Konzert zeige ihn „von seiner 'traditionellen‘ Seite; die Tendenz zum assoziativen musikalischen Denken,

zum freien Spiel mit stilistischen 'Patterns‘ ist jedoch deutlich merkbar“. Das Publikum hörte gespannt zu und gab, wie es üblich ist, Applaus. Bernbacher winkte mit einer gönnerhaften Geste den jungen Komponisten zweimal auf die Bühne, um ihn am Beifall teilhaben zu lassen.

Bechert war aber alles andere als glüchklich mit „seinem“ Cello-Konzert: „Das Orchester hat sich nicht wirklich bemüht, sich da hineinzuversetzen.“ Bei den sechs Proben habe die Henze-Symphonie den größeren Teil der Zeit verschlungen. „Da bleibt sehr wenig, das Notenmaterial zu begreifen und zu sehen, wer mit wem zusammenspielt.“ Auch an Dynamik fehlte es dem Komponisten: „Es gibt an mehreren Stellen ein Fortissimo, und da kam höchstens ein laues Mezzoforte.“

Bei der Henze-Symphonie schien das Orchester wieder gutmachen zu wollen, was es bei Bechert zurückgehalten hatte; zumindest an den fortissimo-Stellen, in denen das Blech vollen Einsatz hatte, war vom Rest des großen Orchesters nichts mehr zu hören.

Aber interessant war es allemal - und schön muß ja Musik unseres Jahrhunderts nicht sein.

K.W.