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Schamir und Scharon steigen in den Ring

■ Das Zentralkomitee des israelischen Likud-Blocks tritt zu einer entscheidenden Sitzung zusammen / Scharon strebt nach der Macht

Hektische Bemühungen um einen Kompromiß prägten die Aktivitäten der Führer des rechts-nationalistischen israelischen Likud-Blocks vor der Sitzung ihres Zentralkomitees am heutigen Mittwoch. In den Ring steigen Ministerpräsident und Parteivorsitzender Schamir, der seinen Vorschlag nach Wahlen unter der israelischen Besatzung absegnen lassen und ein persönliches Vertrauensvotum mit nach Hause nehmen möchte, und seine radikalen Widersacher, die Minister Scharon und Modai sowie der stellvertretende Regierungschef David Levi - falls das entscheidende Treffen nicht in letzter Sekunde noch verschoben wird.

Der jetzt nach Schamir benannte Wahlvorschlag stammt ursprünglich aus dem Arsenal der Arbeiterpartei-Führer Rabin und Peres. Das Ziel dieses von der neuen Koalitionsregierung und der US-Administration übernommenen Plans ist es, den Palästinenser-Aufstand aus der Welt zu schaffen. Der Vorschlag, Wahlen und eine Art Autonomie-Regelung unter Aufrechterhaltung der Besatzung anzustreben, soll außerdem die Einberufung einer internationalen Nahost -Friedenskonferenz vermeiden, an der auch die Sowjetunion und die PLO teilnehmen würden. Schließlich soll auch jedwedem Ansinnen, einen Palästinenserstaat neben Israel zu gründen, ein Riegel vorgeschoben werden. Schamir selbst macht keinen Hehl aus diesen Absichten, sein Bürochef spricht ganz offen von einem „Trick“, und andere Regierungsmitglieder weisen augenzwinkernd darauf hin, daß das Wort „Wahlen“ in den USA einen guten Klang hat. Derartige Äußerungen dienen auch der Beruhigung der radikalen Kritiker im rechten Lager. Zu ihrem Sprachrohr ist Scharon, der Architekt der Libanon-Invasion im Jahre 1982, aufgestiegen, der seine Chance wittert, doch noch die Macht in Partei und Staat an sich zu ziehen. Obwohl der Schamir -Plan von den Palästinensern abgelehnt wird und international wenig Zustimmung findet, geht er Scharon und seinen Freunden entschieden zu weit. In Scharons Augen ist er eine ernste Gefahr für die Zukunft Groß-Israels. Er und seine Mitstreiter, die von Gruppen und Parteien weiter rechts und den Siedler-Milizen unterstützt werden, sehen in der Abhaltung von Wahlen den Beginn eines Prozesses, der letztendlich zur Gründung eines Palästinenserstaates führen könnte.

Schamirs innerparteiliche Opposition bestand bei den Verhandlungen im Vorfeld der Sitzung darauf, daß das von Schamir gewünschte Vertrauensvotum mit einem Anhang gekoppelt wird, in dem ihre eigenen Grundpositionen festgeklopft werden: Die Niederschlagung der Intifada vor jedweden Wahlen, keine Beteiligung der Palästinenser des annektierten Ostjerusalems, der Bau weiterer Siedlungen in den besetzten Gebieten und die Klarstellung, daß Israel niemals einem Palästinenserstaat an seiner Seite zustimmt.

Schamir könnte sich dem im Prinzip anschließen, weiß aber, daß keine arabischen Partner „anbeißen“ werden, wenn zum jetzigen Zeitpunkt über Details geredet wird. Dann würde auch das mit den USA abgesprochene Wahlprojekt ins Wasser fallen. Der Verlust der diplomatischen Rückendeckung aus Washington würde das Gespenst einer internationalen Konferenz erneut an die Wand malen. Gleichzeitig steht Schamir vor dem Problem, den scheinbar unaufhaltsamen Aufstieg Scharons doch noch zu vereiteln, und will daher den Likud-Block möglichst geeint hinter seiner Führung zusammenschweißen. Sollte kein Kompromiß gefunden werden, könnte die Sitzung des Zentralkomitees leicht, wie schon vor drei Jahren, im Chaos enden. Daher spekulierte auch Scharon auf die Kompromißbereitschaft Schamirs, als er in der Nacht zum Dienstag die erarbeiteten Formulierungen ablehnte.

Peres und Rabin von der Arbeiterpartei und Koalitionspartner Schamirs stellen sich in dieser Frage hinter den Ministerpräsidenten. Die Arbeiterpartei geht davon aus, daß sie nur den ersten Teil eines Weges zu einer politischen Lösung des Palästinenserkonflikts mit der Partei Schamirs und Scharons zusammengehen kann. Doch für diese erste Strecke ist sie auf den Likud-Block angewiesen, denn sie ist selbst zusammen mit den Protestgruppen nicht stark genug, um den Widerstand im rechten Lager, das den Status quo favorisiert, zu brechen.

Auf internationaler Ebene hat der Streit im Likud-Block mittlerweile zu einer Verschleppung der Gespräche, die Washington mit der PLO in Tunis führt, geführt. Auch die Palästinenser in den besetzen Gebieten und die PLO-Führung außerhalb warten einstweilen ab. Die PLO kann mit den US -Vermittlern keine neuen Bedingungen und Änderungen der Schamir-Initiative aushandeln, solange die Fronten in Israel und der Regierung nicht klar sind. Derzeit weiß niemand, woran er eigentlich ist, wenn Teile der führenden Regierungspartei die Linie der Regierung torpedieren und militante Siedlergruppen in der Westbank den Aufstand gegen die Schamir-Pläne proben.

Amos Wollin

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