Schäuble betont rechten Aufwärtstrend

Der neue Bundesinnenminister legt Verfassungsschutzbericht für das Jahr 1988 vor / „Republikaner“ tauchen nicht auf / Schäuble wünscht Gelassenheit und Augenmaß im Umgang mit der Schönhuber-Partei  ■  Aus Bonn Ferdos Forudastan

Die Gefahren von rechts nehmen eher zu als die Gefahren von links. Dies bekannte gestern in Bonn Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 1988. Daß Schäuble diese Einschätzung öffentlich kundtut, unterscheidet ihn deutlich von seinem Vorgänger Friedrich Zimmermann, für den der Rechtsradikalismus stets so „wenig besorgniserregend“ wie der Linksradikalismus „immer bedrohlicher“ gewesen war. Vor allem folgende Zahlen aus dem über 250 Seiten starken Dokument führte Schäuble an: 56.000 Linksextremisten und 46.000 Mitglieder linksextremistisch beeinflußter Organisationen hätten Ende 1988 28.300 organisierten Rechtsextremisten gegenübergestanden. 1987 seien es noch 62.000 Linksextremisten beziehungsweise 46.000 beeinflußte Organisationen und 25.000 ausgewiesene Rechtsextremisten gewesen. Auch in diesem Jahr habe der Aufwärtstrend rechts angehalten. Zur Zeit sei mit 30.000 Rechtsextremisten der höchste Stand seit 1970 erreicht.

Allerdings schob auch der neue Innenminister nach der im Vergleich zu Zimmermann pragmatischen Einschätzung des Trends gleich hinterher, daß die vielfältigen Aktivitäten linksextremistischer Organisationen immer noch weit in der Überzahl seien. Wes geistig Kind diese Einschätzungen sind, zeigt die folgende Gegenüberstellung: Der flügellahmen DKP widmet der Bericht 50 Seiten und stuft sie immer noch als extremistisch ein, während die „Republikaner“ gar nicht auftauchen. Sie sind nämlich nach einer Einschätzung der Verfassungsschützer von Bund und Ländern noch nicht extremistisch. Dafür, daß die Schönhuber-Partei nicht mehr auf dem Boden der „freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ stünde, gäbe es noch nicht genügend Anhaltspunkte, befand Schäuble. Allerdings werde im September erneut über ihre Einstufung als extremistisch entschieden.

Ein eher behutsamer Umgang mit der Rechten - diese Leitlinie der Bundesregierung scheint auch aus diesem Verfassingsschutzbericht hervor. Warum linke Organisationen attraktiv sind, wird nicht untersucht.

Den Zuwachs bei den Rechtsextremen begründet man detailliert: Jungen Leuten, die in einer immer komplexeren Umwelt immer unsicherer würden, böten die Rechten einfache Lösungen für schwierige Probleme an. Wie die Entscheidung über die Einstufung der REPs wahrscheinlich aussehen wird, mochte Schäuble nicht sagen. Einen recht deutlichen Anhaltspunkt lieferte der Innenminister allerdings dennoch: Gelassenheit und Augenmaß seien bei der Bewertung gefragt.