Gift kennt keine Grenzen

■ Tanklager Schüttler am Südhafen erneut durchsucht / Schüttler soll illegal Giftmüll importiert und weiterverarbeitet haben / Durchsuchungen bei sieben weiteren Firmen in Berlin und Bundesgebiet / Auch Umweltverwaltung hat neue „Indizien“ gegen Schüttler

Das Tanklager der skandalumwitterten Firma SAG Schüttler am Spandauer Südhafen wird seit gestern wieder von Beamten der Umweltkripo durchsucht. Sie gehen auf dem Firmengelände noch bis heute dem Verdacht nach, daß Schüttler giftigen Sondermüll aus Westdeutschland importierte und hier weiterverarbeitete. Bestätige sich der Verdacht, würde dies die Straftatbestände des ungenehmigten Zwischenlagerns von Abfällen und des unerlaubten Betreibens einer Abfallbeseitigungsanlage erfüllen, teilte Justizsprecher Detlev Achhammer gestern gegenüber der taz mit. Der Firma sei es nur erlaubt, Berliner Abfälle einzusammeln. Das Tanklager am Südhafen ist seit Jahren heftig umstritten, zumal es nur 50 Meter vom Wasserschutzgebiet Tiefwerder entfernt liegt.

Auch bei sieben weiteren Firmen in West-Berlin und im Bundesgebiet standen gestern Polizei und Staatsanwaltschaft vor der Tür, um das Gelände zu durchsuchen. Von diesen Firmen soll Schüttler den Giftmüll, darunter Altöle, Lacke, Lösungsmittel, Chloröle und Verdünnung, bezogen haben. Die Namen der Firmen wollte Pressesprecher Achhammer gestern nicht nennen, da gegen sie keine Beschuldigungen erhoben würden. Nach Informationen der taz handelt es sich unter anderem um die Westberliner Firma Inver Z, um das VW-Werk in Wolfsburg, sowie die Firmen Weka in Iserlohn und Anton Schmidt im bayerischen Fürth.

Gegen Schüttler ermitteln die Staatsanwälte seit Jahren. Sie hegen den Verdacht, daß auch die in Berlin von Schüttler eingesammelten Altstoffe ohne Genehmigung gelagert werden. Den Vorwurf, Schüttler verdiene auch am Giftmülltourismus aus Westdeutschland, hatten kürzlich ehemalige Mitarbeiter der Firma in eidesstattlichen Versicherungen erhoben. Nach ihren Angaben soll Schüttler die importierten Giftstoffe unerlaubt weiterverarbeitet haben. Insider nennen darüber hinaus den Verdacht, Schüttler habe die Sonderabfälle auf dafür völlig ungeeignete DDR-Deponien verfrachten lassen.

Bereits am 25.Mai hatte Umweltsenatorin Schreyer mit einer Großrazzia bei 443 Betrieben versucht, den Berliner Sondermüllsumpf trockenzulegen. Die Umweltbehörde hegte gegen einige Altstoffhändler, darunter Schüttler, den Verdacht, sie hätten Sondermüll illegal als Wirtschaftsgut deklariert. Als Ergebnis der Razzia habe die Umweltverwaltung „im Fall Schüttler“ nun „Indizien“, die diesen Verdacht erhärten, sagte Schreyers Referent Thomas Schwilling gestern auf Anfrage. Schüttler müsse sich jetzt schriftlich zu den Vorwürfen äußern.

Seit langem veranstalten Senatsumweltverwaltung und Justiz einen Eiertanz um das Tanklager am Südhafen. Sein Abriß ist seit Jahren geplant, da der Boden unter dem Lager schwer verseucht ist und ausgetauscht werden müßte. Geschehen ist bis heute jedoch nichts. Eine Sanierungsanordnung, die noch unter Schreyers Vorgänger Starnick erarbeitet wurde, wird zur Zeit überarbeitet. Sie sei „schlecht gemacht“, erklärte Schwilling gestern.

Hmt