Der Parteien liebster Geldbeutel

■ Wahlkampfkosten-Rückerstattung als Selbstbedienungsladen für Parteien / Es gibt keine Vorschriften für die Rückerstattung

Berlin (taz) -Als die „Republikaner“ zu Wochenbeginn den warmen Segen für ihre Parteikasse in Höhe von 16,8 Millionen DM bei der Bundestagsverwaltung beantragten, bekam Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth Bauchschmerzen. Nicht nur, daß sie keine gesetzliche Handhabe gegen die Anträge der Rechtsradikalen vorbringen kann, mit dem Antrag kommt auch die Debatte um den „Selbstbedienungsladen“ Wahlkampfkosten wieder hoch.

Was überhaupt Wahlkampfkosten sind, ist im Parteiengesetz nicht definiert. Auch besteht keine Nachweispflicht für die Verwendung der Gelder. Gezahlt wird nach jedem Wahlgang mit fünf Mark pro Wähler - wobei freilich nicht die Anzahl der abgegebenen Stimmen, sondern die der Wahlberechtigten bei der prozentualen Ausschüttung berücksichtigt wird. Für die Abrechnung wird lediglich eine korrekte Auflistung der Ausgaben gefordert, die den Standards zugelassener Wirtschaftprüfer standhalten muß. Einzige Bastion dagegen, daß sich die Parteien voll und ganz aus dem Staatssäckel finanzieren, ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Danach müssen den Einnahmen aus der Kostenrückerstattung Ausgaben in mindestens doppelter Höhe entgegenstehen. Der Berichtszeitraum, in dem die Parteien „Rechenschaft“ über die Gelder ablegen müssen, kann zudem vier Jahre dauern, so daß von einer „effektiven Kontrolle“ kaum die Rede sein kann.

Für den Oldenburger Politologie-Professor, Karl-Heinz Naßmacher, ist der Begriff „Wahlkampfkosten-Rückerstattung“ denn auch eine „reine Fiktion“. Angemessener schiene ihm, von einer „allgemeinen Parteienfinanzierung“ zu reden. Daß die Frau Bundestagspräsidentin nun anregt, eine Sachverständigenkommission beim Bundespräsidenten solle eine Reform der Kostenerstattung und des „Chancenausgleichs“ prüfen, sei wohl ein deutliches Zeichen ihres Unbehagens. Mit der Novellierung des Parteiengesetzes Ende letzten Jahres haben die Parlamentarier (mit Ausnahme der Grünen) dem Steuerzahler noch weitere Verpflichtungen aufgebürdet. So soll mit dem „Chancenausgleich“ den Parteien, die über kein größeres steuerabzugsfähiges Parteispendenaufkommen verfügen, ein finanzieller Ausgleich zugute kommen.

Unter dem Deckmantel, daß die Parteien auch Zeiten ohne Wahlkampf für diese Grundkosten zu tragen hätten, und sei es nur die notwendige Büroausstattung, haben sich die Altparteien einen weiteren Bonus aus den Staatsgeldern gesichert: den „Sockelbetrag“. Dieser steht auch den „Republikanern“ zu, wenn sie im kommenden Bundestagswahlkampf das dafür nötige Quorum von zwei Prozent erreichen.

wg