Viel Beifall von Grün bis Schwarz

■ Rita Süssmuth zu Besuch in der Bremischen Bürgerschaft

Es gibt Momente im Leben des Bremer Parlamentspräsidenten Dieter Klink, da wird ihm ganz feierlich zumute. Gestern, nachdem er erst einmal fünf Seiten Rede abgelesen hatte, war es wieder mal soweit. „Die Grüße aller Menschen aus Bremen und Bremerhaven“, überbrachte er der kleinen Frau, die links auf der Senatorenbank Platz genommen hatte, und: „Ich darf Sie bitten, zu uns zu sprechen.“

Und die dann sprach, die, keine Frage, versteht etwas von freier Rede. Anders als sonst in der Bremischen Bürgerschaft üblich, war es mucksmäuschen still. Nur den längsten Senator überkommt irgendwann der Wunsch jetzt auf der Stelle zu telefonieren. Ein grober Blick des Finanzsenators stoppt den Störer und das ratternde Geräusch einer sich drehenden Wählscheibe.

Zu diesem Zeitpunkt hatte die Rednerin, bereits mehrmals freundlichen bis herzlichen Beifall für ihre leisen aber bestimmten Worte gefunden, Beifall von Grün bis Schwarz, für eine, deren Nachdenklichkeit noch nicht zur Masche degradiert ist. Als sie vor ein paar Jahren in Bonn Ministerin wurde, erzählt sie, habe sie als erstes ein Weingesetz auf den Schreibtisch bekommen, ein Gesetz, das sie auch nach fünfmaligem Lesen nicht verstanden habe. Nur ein Beispiel, meint sie, für Gesetze, die den Menschen nicht mehr verständlich zu machen sind. Das findet die Bremer Legislative offensichtlich auch.

Und wenn Planungsprozesse immer weniger nachvollziehbar würden, sei es ja nicht verwunderlich, daß „die Menschen der Demokratie überdrüssig“ würden. Auch wenn vieles nur noch international zu lösen sei, müsse den „kleinen Einheiten “ möglichst viel Kompetenz bleiben. „Es ist kein Wunder, daß den demokratischen Parteien die Wähler weglaufen, wenn die Demokratie immer weiter weg verlegt wird.“ Die Bremische Bürgerschaft ist es zufrieden, der Gast geht das russische Gold besuchen - Rita was here.

hbk