Kinder raus

■ Am Mittwoch muß die RVK-Kinderstation geräumt werden / Zukünftig lebensbedrohlich lange Wege

In heller Aufregung befindet sich zur Zeit das Personal in der Weddinger Kinderklinik an der Reinickendorfer Straße: Gestern mittag um halb zwei ordnete der Generalbeauftragte des Errichtungskuratoriums am Universitätsklinikum Rudolf Virchow (UKRV), Heini Neher, an, daß die Kinderastation 4 am kommenden Mittwoch geräumt werden soll. Ab sofort gilt für diese Station absoluter Aufnahmestopp.

Dies ist die erste folgenschwere Konsequenz des am Donnerstag gefällten Beschlusses des Errichtungskuratoriums. Demzufolge müssen die Stationen des sanierungsbedürftigen chirurgischen Bettenhauses in andere Klinikbereiche des UKRV verlagert werden. Die Station 4 der Kinderklinik wurde dazu auserkoren, in Zukunft Platz zu schaffen für 28 chronisch Kranke, die ansonsten die Akut-Betten im Klinikum blockieren.

Nur wenige Stunden nach der Anordnung Nehers geriet der Stationsarzt der Kinder-Intensivstation, Christoph Möllering, bereits in große Entscheidungsschwierigkeiten: Die Feuerwehr brachte ein fast ertrunkenes Kind, das nach der Behandlung auf der Intensivstation eben genau auf besagter Station 4 beobachtet werden müßte. „Eigentlich hätten wir dieses Kind nicht mehr aufnehmen dürfen“, schimpft Möllering, „aber die nächste Kinderklinik ist viel zu weit entfernt!“ Bis zur Universitätskinderklinik Charlottenburg bräuchte die Feuerwehr etwa 15 Minuten - also lebensbedrohlich lange.

Zur Zeit befinden sich auf Station 4 28 Kinder zwischen einem und 15 Jahren; sie leiden an Krampfanfällen, Harnwegsinfektionen und Lungenentzündung. Auf die anderen Stationen können sie nicht verlegt werden, denn dort liegen Säuglinge und infektiöse Kinder. Doch - so der Beschluß auf Station 4 sollen künftig die chronisch Kranken beherbergt werden - obwohl diese Abteilung nur unzureichend über die für sie notwendigen sanitären Anlagen verfügt. Eine Alternative zur Unterbringung der Chroniker wären laut Möllering zwei leerstehende Pavillons. Diese sollen aber abgerissen werden - um statt dessen Schwesternwohnheime zu bauen. Heini Neher war gestern nicht mehr zu einer Stellungnahme zu erreichen. Statt mit ihm wollen die Beschäftigten der Kinderklinik heute mit der Bevölkerung sprechen - ab 10 Uhr am Leopoldplatz.

Martina Habersetzer