WAAhnsinnskosten bei La Hague

■ Internes Industrie-Papier in Frankreich belegt: Kostenexplosion beim Ausbau der WAA in La Hague / Betreibergesellschaft Cogema hat sich verrechnet / Konkurrenz: direkte Endlagerung

Paris (taz) - Bei der Wiederaufbereitung abgebrannter Brennelemente in der Wiederaufbereitungsanlage (WAA) La Hague gibt es schwerwiegende finanzielle Probleme. Das belegen bislang unveröffentlichte Unterlagen über ein internes Informationstreffen der SGN (Societe Generale des Techniques Nouvelles) vom 17.November 1988. SGN ist das für den Bau der Anlage in La Hague verantwortliche Ingenieursunternehmen, zu zwei Dritteln Tochter der La-Hague -Betreibergesellschaft Cogema. Bonner Politiker und die bundesdeutsche Stromwirtschaft hatten einen „Kostenvorteil von rund 985 Millionen Mark jährlich“ gegenüber den Kosten der WAA Wackersdorf errechnet. Die Betreibergesellschaft Cogema, 100prozentige Tochter des staatlichen französischen Atomenergiekommissariats CEA, offerierte dem bundesdeutschen Energiegiganten VEBA Festpreise um 5.000 Francs (rund 1.500 Mark) pro Kilogramm aufgearbeiteten Brennstoffs auf 15 Jahre ab 1999. Die veranschlagten Kosten für die Wiederaufarbeitung in Wackersdorf betrugen das Dreifache. Immer wiederkehrende Frage: Wie kommen derartige Preisunterschiede zustande? Die Antwort: ein Verlustgeschäft für die Cogema.

Das ursprüngliche Finanzierungsmodell der Plutoniumfabrik UP3 in La Hague sah eine 100prozentige Vorfinanzierung durch 15 bundesdeutsche, zehn japanische, vier schweizer, ein holländisches, ein schwedisches und ein belgisches Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVUs) vor. Noch am 9.Mai erklärte die Cogema vor der Presse, daß „der Bau komplett von den Elektrizitätsunternehmen vorfinanziert ist“. Doch die Kostenexplosion zeichnete sich schon vor drei Jahren ab. Am 7.August 1986 stürzte einer der beiden Auflösertanks der UP3 bei der Anlieferung in La Hague ab und wurde beschädigt. In weiteren Tanks fanden sich Risse, ein neues Produktionskonzept sollte vorgelegt werden, wodurch der Zeitplan um Monate überschritten wurde.

„Die Kostenexplosion in den letzten Monaten ist für Cogema dramatisch und unerträglich“, klagen die SGN-Direktoren. „Für die UP3 werden wir neun Milliarden DM aufbringen müssen, ein Viertel mehr als geplant.“ Inzwischen wird die Plutoniumwirtschaft insgesamt in Frage gestellt. EDF-Chef Remy Carle, ehemaliger Befürworter: „In Frankreich beginnt sich die Idee durchzusetzen, daß man vielleicht nicht wiederaufarbeiten wird. Vielleicht könnte man den unbehandelten Brennstoff unter Tage lagern und wieder hervorholen, sobald man Schnelle Brüter hat. Man bräuchte eine Zwischenlagerung.“

Mycle Schneider