Der Zorn der „jüdischen Intifada“

Überfälle auf Palästinenser in Israel forderten zwei Tote / Reaktion auf Bus-Anschlag von letzter Woche / „Frauen in Schwarz“ und Haus des oppositionellen Abgeordneten Dedi Zucker angegriffen  ■  Aus Tel Aviv Amos Wollin

Am vergangenen Wochenende war es die sogenannte „jüdische Intifada“, die in Israel für Schlagzeilen sorgte. In einer Reaktion auf den Bus-Anschlag vom Donnerstag, dem 14 Israelis zum Opfer fielen, kam es in Jerusalem und anderen Teilen des Landes zu antiarabischen Ausschreitungen und Überfällen. Zwei Palästinenser wurden getötet und Dutzende verletzt, als militante Israelis Steine auf Fahrzeuge warfen, badende palästinensische Jugendliche zusammenschlugen und mit Lastwagen in Gruppen von Passanten und palästinensischen Arbeitern fuhren.

Die „jüdische Intifada“ machte bereits vor sechs Wochen von sich reden. Der Anschlag eines fundamentalistischen palästinensischen Einzeltäters aus Gaza bot erneut einen Anlaß für antiarabische Gewalttaten in Israel. Polizeiminister Haim Barlev erklärte dazu: „Primitive, aufgewühlte Leute, die die Regeln der Demokratie nicht kennen, sind nicht leicht zu kontrollieren.“ Zu Berichten, nach denen Grenzpolizisten sich geweigert hätten einzugreifen, als aufgebrachte Israelis Araber am Strand verprügelten, äußerte er sich nicht.

Nach einer Demonstration der rassistischen Kach-Bewegung im Zentrum Jerusalems zogen Gruppen mit dem Ruf „Tod den Arabern“ durch die Straßen. Rabbi Meir Kahane, der Leiter der Kach-Bewegung, forderte in einer Rede die Ausweisung aller Araber aus Großisrael. Kahanes Anhänger griffen auch die „Frauen in Schwarz“ an, eine jüdisch-israelische Oppositionsgruppe, die gerade ihre allwöchentliche Mahnwache gegen die Besatzung abhielt. Jüdische Jugendliche warfen Steine auf arabische Autos und verprügelten Palästinenser an der grünen Linie zwischen Ost- und Westjerusalem.

Auch der stellvertretende Ministerpräsident und Chef der Arbeiterpartei Schimon Peres entging dem Zorn der aufgebrachten Menge nicht, als er in Jerusalem als Vertreter der Regierung an der Beerdigung eines der Anschlagsopfer teilnehmen wollte. Peres wurde von Polizisten abgeschirmt, nachdem sein Wagen von mehreren Steinen getroffen worden war. In der Nacht zum Montag wurde das Haus des Abgeordneten der oppositionellen Bürgerrechtsbewegung Dedi Zucker Ziel mehrerer Attacken rechtsgerichteter Israelis. Die US -Fernsehgesellschaft CNN beschwerte sich bei der Polizei über den Angriff einer Schlägertruppe, die das Ziel gehabt hätte, die Reporter zu töten. Die Polizei entgegnete, die Sicherheit des Teams könne nicht gewährleistet werden, da der Mob gefährlich aggressiv sei. Ein Toningenieur wurde von fünf Steinen getroffen, als die Angreifer versuchten, seiner Ausrüstung habhaft zu werden.