Streit um prenatale Genomanalyse

■ SPD-Parteitag von Schleswig-Holstein mehrheitlich gegen die vorgeburtliche Genomanalyse / Eltern seien überfordert / Landesvorstand votiert dagegen für das Entscheidungsrecht der Frauen

Berlin (dpa/taz) - Das Thema Gentechnologie stand im Mittelpunkt der Diskussion auf einem Sonderparteitag der schleswig-holsteinischen SPD am vergangenen Samstag in Bad Segeberg. Die 167 Delegierten - darunter 82 Frauen stritten sich lange und heftig über die Chancen und Risiken dieser Technologie.

Der Landesvorstand brachte einen Antrag ein, nach dem neue Fortpflanzungsmethoden wie Retortenbabys und Leihmutterschaft generell verboten werden sollen. Er geht damit teilweise über die Beschlüsse der Bundes partei hinaus.

Die SPD-Bundestagsfraktion veröffentlichte jüngst einen „Diskussionsentwurf“ für ein „Fortpflanzungsmedizingesetz“. Danach ist unter anderem die künstliche Befruchtung außerhalb des Körpers einer Frau (In-vitro-Fertilisation) zulässig, wenn Eigeberin und Samenspender miteinander verheiratet oder in einer „auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft“ liiert sind.

Besondere Kontroversen rief auf dem Parteitag ein Antrag der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) hervor, der die vorgeburtliche Genomanalyse, die Untersuchung also der Erbanlagen eines Embryos auf genetische Schäden hin, verbieten lassen will. Denn Eltern seien durch die möglichen Ergebnisse einer solchen Untersuchung gezwungen, zwischen „lebenswert und lebensunwert“ zu unterscheiden - eine „kaum zu bewältigende“ Verantwortung, heißt es in der Begründung.

Der Parteivorstand hingegen will den Frauen selbst die Entscheidung darüber überlassen, ob sie sich solchen Analysen wie zum Beispiel einer Fruchtwasseruntersuchung unterziehen wollen. Minister der schleswig-holsteinischen Landesregierung appellierten an die Delegierten, den Antrag der Arbeitsgemeinschaft abzulehnen. Kultusministerin Eva Rühmkorf: „Wir brauchen die Diagnostik, die Frauen frei macht zu einer Entscheidung für oder gegen ein Kind.“

Schließlich dürften die Bedingungen nicht vergessen werden, unter denen Mütter ihre behinderten Kinder aufziehen müssen. Der Verweis auf gesellschaftliche Utopien allein würde diesem Problem nicht gerecht.

Uhe