Die Angst vieler Männer-betr.: "Sonst holt Euch der Teufel", taz vom 6.7.89

■ betr.: Äußerung von J.Fischer: ...nie daran gedacht, einer Frau Platz zu machen

betr.: „Sonst holt Euch der Teufel“, taz vom 6.7.89

(...) 1. Gerade das Skandalisieren der alltäglichen Männergewalt führt dazu, die Ursachen zu individualisieren. Das verstellt den Blick auf die Extreme männlicher Gewalt als der Spitze eines patriarchalen Eisbergs.

2. Wir fordern keine Lehrstühle, auch wenn sich manche gerne als unsere Heilslehrer berufen fühlen würden.

3. Die zitierte Herr-und-Knecht-Struktur unterscheidet sich von der sexistischen Machtstruktur in einem wesentlichen Punkt: in der persönlichen Verflechtung von Männern und Frauen. Deshalb, und nur deshalb, ist gerade in der Frauen -/Männerfrage auch das Private politisch.

Seit Frauen begonnen haben, die Männer, die sie politisch bekämpfen, nicht ohne weiteres am Abend wieder emotional und sexuell zu stützen, ist Bewegung in die Geschlechterfrage gekommen. Die Angst vieler Männer davor, daß sich diese Erkenntnis noch weiter herumsprechen könnte, ist so groß, daß sie sich mit Händen und Füßen oder mit spitzer Feder dagegen wehren, persönlich - und nicht mit vermeintlich frauenfreundlichen Phrasen - beim Wort genommen zu werden. Folgerichtig schweigt sich der Autor darüber aus, welche Konsequenz für ihn das Stellen der Machtfrage hat beziehungsweise daß er sie nur rhetorisch stellt. Das könnte nämlich für ihn auch in der taz unbequem werden. In der „mannege“ wird nicht zuletzt über solche Konsequenzen diskutiert und nachgedacht.

Differenziert berichtet die taz über die persönliche Dimension des Rassismus-Problems am 7.7. im Berlin-Teil. In diesen Artikeln könnte Rassismus sinnvollerweise auch durch Sexismus, weiß durch Mann ersetzt werden. Können taz-Männer sich leisten, so weit zu denken?

Matthias Bisinger, mannege Berlin

betr.: Äußerung von J. Fischer: ... nie daran gedacht, einer Frau Platz zu machen

(...) Stellen wir uns vor, es wäre um ein Hearing zur Frage: „Diskriminierung der Schwarzen“ gegangen, als ein Beitrag zu ihrer Beseitigung wird seit neuerem die Quotierung erprobt. Dazu von Herrn Fischer folgendes Zitat: „Ich habe nie daran gedacht, einem Schwarzen Platz zu machen... Wenn ich wirklich ernst machen würde mit der Abschaffung der Diskriminierung der Schwarzen, wäre ich nur noch in einem Gemeindeparlament politikfähig...“ Wie findet Ihr das? Würdet Ihr solche Äußerung hinnehmen wollen?

Die eigentliche Lösung der Weltprobleme liegt nicht im Problem Sexismus/Kapitalismus, wie mensch an der momentanen Entwicklung sehr gut beobachten kann, sondern in der Abschaffung des Patriarchats, das 4.000 Jahre lang Angst, Schrecken, Elend und Terror über die Menschheit gebracht hat.

Wer sich mit diesem Thema ernsthaft beschäftigen möchte, dem sei zum Beispiel die Lektüre des immerhin von einem Mann in mehr als 40jähriger Arbeit geschriebenen Buches Das Patriarchat von Bornemann empfohlen.

Welche Reaktionen des Patriarchats auf Versuche, unsere menschliche Wirklichkeit freier, humaner, demokratischer und ehrlicher zu gestalten, parat hat, habe ich (neben vielen schönen Gegenbeispielen) als Mensch und Frau in meinem Beruf als Kinderärztin und als Mitbetroffene in allen weltpolitischen Zusammenhängen immer wieder erfahren.

Da die Argumente immer wieder fehlen (siehe auch jetzt das Beispiel China), bleibt nur der Rückzug in Angstmachen und Terrorverbreitung.

Auf die oft schon diskriminierend gemeinte Frage: „Bist du Frauenrechtlerin?“, kann ich nur immer wieder antworten: „Ja, denn ich bin Menschenrechtlerin!“ Und es ist mir nicht egal, wenn in dieser Welt simpelste Menschenrechte für Frauen nicht gegeben sind. Es ist mir nicht egal, wenn in China massenhaft Mädchen abgetrieben, in Indien Frauen verbrannt werden und wenn massenhaft Mädchen in der „Dritten Welt“ verhungern, weil sie weniger zu essen bekommen, und wenn die indischen Mädchen sich nicht trauen, im Meer schwimmen zu gehen, weil ihnen erzählt wird, das ein Mädchen dabei untergeht.

Ich fordere von Herrn Fischer eine ehrliche und öffentliche Zurücknahme seiner Äußerungen. Ansonsten kann ich die Grünen in wesentlichen Menschenrechtsfragen nur als völlig unglaubwürdig bezeichnen.

B.Voller