Ein Brady-Übereinkommen für den Wirtschaftsgipfel?

■ Mexiko und Gläubigerbanken basteln an einem Modellfall zur Schuldenreduzierung

Berlin (taz) - Eile ist geboten. Sowohl Frankreichs Präsident Fran?ois Mitterand als auch sein US-Kollege George Bush haben ihre Administrationen angewiesen, Druck auf die jeweiligen Geschäftsbanken ihres Landes auszuüben. Noch vor dem Weltwirtschaftsgipfel am kommenden Wochenende in Paris muß der Öffentlichkeit irgendein Abkommen zwischen den Banken und dem hochverschuldeten Mexiko präsentiert werden, mit dem Paris und Washington ganz groß herauskommen wollen. Mitterand will „seinen“ Gipfel als einen wesentlichen Beitrag in Sachen Lösung der Schuldenkrise verstanden wissen. Bush wiederum wittert die Chance, den Plan seines Finanzministers Nicholas Brady aus dem Nebel diverser unverbindlicher Vorschläge zum Schuldenabbau herauszuholen und im Pariser Glanz ganz konkret erstrahlen zu lassen.

Entsprechend der Idee Bradys vom Abbau des Schuldenstandes und Begrenzungen der Zinsen steht der „Banken -Lenkungsausschuß“ - bestehend aus 15 internationalen Kreditinstituten stellvertretend für alle Gläubigerbanken einerseits sowie die Regierung von Mexiko andererseits vor dem Abschluß einer Pilotvereinbarung. Damit will man die Schuldendienstverpflichtungen des Landes um gut drei Milliarden Dollar pro Jahr verringern. Außerdem sollen nach dem Plan die derzeitigen Bankschulden von 54 Milliarden Dollar um 35 Prozent gekappt werden. In Mexiko hatte man von einer Reduzierung von 55 Prozent geträumt, die Forderungen inzwischen aber auf 40 Prozent zurückgeschraubt. Insgesamt ist das Land mit 107 Milliarden Dollar nach den USA und Brasilien der dritthöchste Schuldner.

Die Unterhändler haben bislang drei Möglichkeiten ausgearbeitet, die sie allen Gläubigerbanken und der mexikanischen Regierung als Optionen anbieten wollen.

Option 1: Die Banken erlassen bei allen vor 1982 aufgenommen Schulden 38 Prozent, bei allen späteren 27 Prozent - im gewogenen Durchschnitt insgesamt 35 Prozent. IWF und Weltbank stellen dabei öffentliche Mittel zur Verfügung. Dies könnte etwa so laufen, daß Mexiko IWF-Gelder erhält, mit denen es auf dem „Second Hand„-Markt für Dritt -Welt-Schulden zum Discountpreis seine eigenen Schuldpapiere zurückkauft - der eigentliche Kern des Brady-Planes. Eine andere Variante dieser ersten Option wäre die Umwandlung der ursprünglichen Schuldpapiere in solche mit geringerem Nennwert, aber „gesicherten“ Zinsen. Die Zinsgarantie könnte dabei beispielsweise vom IWF übernommen werden. In jedem Fall müßten auf die verbleibenden Schulden die gängigen Zinsen bezahlt werden.

Anders in diesem Fall die Option Nr. 2. Sie liefe darauf hinaus, den Schuldenstand zu erhalten, die Zinsen jedoch auf 6,25 Prozent fest zu begrenzen. Derzeit sind zehn Prozent fällig.

Opton Nr. 3 wäre die traditionelle Schiene: Neues Geld. Dabei würden sich die beteiligten Banken dazu verpflichten, in den kommenden Jahren zusätzliche Kredite in Höhe von jeweils sieben Prozent ihrer Forderungen an Mexiko zu vergeben.

Experten bezweifeln indes, daß es noch in der kommenden Woche gelingt, ein detailliertes Abkommen zu unterzeichnen.

Ulli Kulke