Der chronische Geldmangel

■ Montag danach. Die Breminale ist zu Ende: eine kritische Nachlese

Die Helden OrganisatorInnen, die ich im Container auf dem Weserdeich treffe, sind müde, fertig, gereizt, und - stolz auf das Erreichte: ein Kulturprogramm mit derart wenig Geld auf die Beine gestellt zu haben, „wie es in der BRD ziemlich einzigartig sein dürfte“ (Anselm Züghart), keine Bierleichen und nicht eine Schlägerei trotz der subtropischen Hitze. 100.000 Mark hätten durch Eintrittsgelder hereinkommen müssen. Harald Siegel schätzt, daß sie das nicht sind. Denn an den gut besuchten, heißen Tagen haben sich viele die Musikveranstaltungen lieber von außen angehört, als in die feuchtheißen Zeltsaunen einzutauchen.

Am Wochenende, früher immer der Umsatzmagnet, hatten die Sturzregen die Leute vom Platz gefegt.

„Die taz“ konfrontiert die OrganisatorInnen mit ihren Eindrücken:

taz: Es hat mit Ausnahme der Blaumeier-Geschichte wenig Veranstaltungen gegeben - das ist fast allen taz -BerichterstatterInnen so gegangen - wo wir unbedingt hätten hinwollen. Bei Literatur und Theater ist für mich wenig Spannendes dabei gewesen.

Siegel: Was wir ausgesondert haben, ist nicht besser gewesen. Also zeigt das nicht, daß wir die Sache schlecht organisiert haben,

sondern den Stand der künstlerischen Entwicklung hier in Bremen. Es zeigt das, was da ist.

Ich finde das Konzept, nur zu bündeln, was in Bremen unterwegs ist, auch nicht mehr richtig. Theater-und Musikstückchen, die übers Jahr 5 bis 8 mal hier zu hören sind, nochmal auf der Breminale zu zeigen, macht doch keinen Sinn.

Anselm Züghart: Es gibt aber auch Gegenbeispiele. Die Jacid-Life-Party z.B. ist eine Produktion, die hat es vorher in dieser Zusammenstellung nie gegeben. Und die Jazz-Schule, das ist eine Nachwuchsarbeit, die uns ganz wichtig ist, der III. Halleyistische Weltkongreß, Sabina Mai, das sind alles Breminalespezifische Großproduktionen.

Siegel: Es dreht sich bei uns fast alles um unseren absolut chronischen Geldmangel. Ob es das Programmheft ist, daß Du vollkommen berechtigt kritisierst, ob das ist, daß wir Künstlern z.T. viel zu wenig Geld geben für ihre Darbietungen. Wir können nicht ein spartenübergreifendes Großprojekt herholen, das 30 bis 40.000 Mark kostet. Wir können nur aus diesem minimalen Pott, aus dem wir schöpfen, das irgendwie Mögliche machen. Immer mit

dem Damoklesschwert im Rük ken, es wird tierisch pissen oder es wird die Sonne scheinen und dann so, daß uns die Haut abfällt; um dann wieder auf einem Defizit zu sitzen, wo wir als persönlich haftender Vorstand nicht wissen, ob der Senat dann sagt: Jungs, wir gleichen diese Defizite aus.

Züghart: Wir können doch nur drauf reagieren, wer sich bewirbt...

taz : Nicht unbedingt. Wenn Ihr wißt, es gibt in Amsterdam ein ganz tolles Kindertheater, dann könnt Ihr das holen.

Züghart: Priorität haben aber erstmal die fünf Sparten und die eine Zielgruppe. Und innerhalb dieser Sparten versuchen wir, adäquat die Bremer Szene abzudek ken.

Siegel: Aber da geht es wieder los mit der Geldfrage. Wir haben unseren Topf aufgeteilt auf die fünf Sparten und „Kinder“. Wir gewichten den Musikbereich sehr stark. Denn wir wissen, wir verdienen über die Musik, daher kommen die Eintrittseinnahmen, auf die wir angewiesen sind. Wir haben die Literatur relativ zusammengestrichen, nicht, weil sie schlecht besucht war - sie war sehr gut besucht, - weil es nicht anders geht.

Uta Stolle