Gegengipfel in Paris

 ■ Die SIEBEN ÄRMSTEN haben das Wort

Paris (taz) - Letzter I-Punkt auf den Gegenveranstaltungen zum Weltwirtschaftsgipfel: Am Freitag, den 14.Juli ruft die kommunistische CGT-Gewerkschaft die Beschäftigten in den öffentlichen Pariser Verkehrsbetrieben zum Streik auf. Bedenkt man, daß ein Teil der Taxifahrer ebenfalls in den Ausstand treten wird und eine gesonderte Sicherheits -Sperrzone im Innenstadtbereich eingerichtet ist, verspricht sich die Verkehrslage alsbald in ein lustiges Chaos zu verwandeln. Um dem zu entgehen, gibt es praktisch nur einen Ausweg: nämlich aufs Boot. Dort gehen in den nächsten Tagen die Vorbereitungen zum „Gipfel der sieben Völker, die zu den ärmsten der Welt zählen“ vonstatten. Weil die Büroanmietung zu teuer war, verlegten die französischen Organisatoren ihre Meetings vorläufig aufs Schiff am Quai de Jenmapes. Erst am Samstag soll die Hauptveranstaltung der Gegengipfelstürmer wieder auf dem Festland stattfinden, dann im geräumigeren „Maison de la Mutualite“.

Keine Staatschefs sind dann geladen, und keine Kommuniques werden erwartet. „Der erste Gipfel der sieben ärmsten Länder wird den Ausgeschlossenen dieser Welt dienen, den Respekt für die Rechte ihrer Völker einzuklagen“, schreibt die „Internationale Liga für die Rechte und Befreiung der Völker“, deren Vorsitzender und Friedensnobelpreisträger Adolfo Perez Esquivel die Veranstaltung am Samstag eröffnen wird. Bei den Franzosen liegt dieser kritische Ansatz derzeit scheinbar hoch im Kurs. Immerhin 44% der Befragten erklärten in einer Umfrage des konservativen 'Figaro -Magazine‘, daß sie es „gegenüber den armen Staaten schockierend empfänden“, Revolutionsfeiern und Gipfel zusamenzulegen. Als „Zeugen“ beim Gegengipfel werden Vertreter von Basisbewegungen aus sieben Völkern auftreten, die „das Vergessen symbolisieren, in dem sich zwei Drittel der Menschheit befinden“. Sie kommen aus Burkina Faso, Mosambik, Haiti, Zaire, Bangladesch, Brasilien und den Philippinen.

Annie Capron vom „Zentrum für Internationale Studien“ (CEDETIM) in Paris, das mit dem Dritte-Welt -Solidaritätsverein „Agir Ici“ für den Gegengipfel verantwortlich zeichnet: „Wir wollen uns dem Hegemonieanspruch der sieben reichsten Länder während des Weltwirtschaftsgipfel gegenüber stellen und den Spiegeleffekt der beiden Ereignisse so weit wie möglich ausnutzen.“

Der Gipfel der sieben ärmsten Völker ist indes nur eine Teilveranstaltung im Rahmen des „Anderen Wirtschaftsgipfels“ (The Other Economic Summit“ - TOES), der bereits seit 1984 jedes Jahr parallel zu den Treffen der westlichen Staatschefs organisiert wird. Der TOES-Gipfel am 15. Und 16.Juli in Paris sieht internationale Begegnungen zu den Themen Umwelt, Gesundheit, Energie, Abrüstung, Wissenschaft und alternativer Ökonomie vor.

Georg Blume