: Plastik-Sprengstoff identifizierbar
■ Durch Bestrahlung mit thermische Neutronen soll Plastik-Sprengstoff bei Flugplatzkontrollen nachgewiesen werden können / Erstes Internationales Experten-Hearing in Mannheim
Berlin (dpa/taz) - Ein neuartiges Erkennungs- und Analyseverfahren für Plastik-Sprengstoffe, das in den USA entwickelt wurde, hätte wahrscheinlich die Flugzeugkatastrophe von Lockerbie in Schottland am 21. Dezember vorigen Jahres verhindern können. Das erklärte der stellvertretende Leiter des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie (ICT), Fred Volk, am Montag in Mannheim. Rund 150 Experten aus 20 Ländern, darunter Vertreter aus den USA und Israel, tauschen nach ICT-Angaben bis zum Donnerstag bei dem ersten Expertengespräch dieser Art in der Bundesrepublik die jüngsten Ergebnisse auf dem Gebiet der Analyse und des Nachweises von Sprengstoffen aus.
Bei der Untersuchung der Detonationsrückstände an dem über Schottland abgestürzten Jumbo-Jet war nachgewiesen worden, daß der in der CSSR gefertigte Plastik-Sprengstoff Semtex das Unglück ausgelöst hat. Die hochexplosiven Plastik -Sprengstoffe können, so Volk, bei der Durchleuchtung des Fluggepäcks mit Röntgenstrahlen nicht erkannt werden, weil sie in den meisten Fällen keine metallische Umhüllung haben.
Der Nachweis von Plastik-Sprengstoff gelinge jedoch mit einer Wahrscheinlichkeit von bis zu 96 Prozent mit kerntechnischen Untersuchungen wie zum Beispiel der „Thermischen Neutronen-Aktivierungsanalyse“ (TNA). Werden Plastiksprengstoffe mit thermischen Neutronen bestrahlt, werden hochenergetische Gammastrahlen freigesetzt - ein Hinweis auf den für diese Sprengstoffe typisch hohen Stickstoffgehalt. Alle derzeit bekannten Sprengstoffe haben nach Aussagen der Fachleute einen Stickstoffanteil zwischen 17,7 und 37,8 Prozent.
Das erste Gerät, das nach dieser Methode arbeitet und etwa eine Million Dollar kostet, soll auf dem John-F.-Kennedy -Flughafen in New York für Routine-Untersuchungen in Betrieb genommen werden. Fünf weitere sollen bis Januar auf verschiedenen amerikanischen und europäischen Flughäfen installiert werden. Auf dem Symposion wird auch die Forderung nach einer international gültigen Codierung aller Explosivstoffe diskutiert.
wg
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