piwik no script img

„Nur Subvention ist eine Gefahr“

■ Thomas Albert über das Bremer Musikfestes und die Kritik daran

Vom 29. September bis zum 22. Oktober findet das 1. Musikfest Bremen statt. Programmatisches Ziel: Eine Eposche historischer Musik soll mit zeitgenössischem Schaffen gespiegelt werden. Der Landesmusikrat hat sich heftig über falsche Akzente beklagt und eine breitere Förderung der Bremer Kultur-und Musikszene gefordert. Die taz sprach mit Thomas Albert, der das Musikfest konzeptionell geplant hat.

taz: Musikfest Bremen, was soll das werden? Können Sie das an einer der Veranstaltung erklären?

Thomas Albert: Nehmen wir mal das Eröffnungskonzert. Da wird ein ganz einschneidender Zeitpunkt der Musikgeschichte genommen, an dem die Musik eingreift zur Untermalung eines sprachlichen Ausdrucks, eines Sprechgesanges. Das wird musikgeschichtlich an dieser Medici-Hochzeit festgemacht. Wir haben nicht nur die Musiken aus diesem Ereignis, sondern auch eine Ausstellung, die die Spielstätten und die Häuser darstellt. Wir haben die Notenbeispiele, Erläuterungen, eine kulturgeschichtliche Einführung, eine Einführung zur Musik, wir haben die Kostümbilder. Wir haben Texte dabei, auch politische Texte. Mein Ziel ist es, so verlorene Zusammenhänge wieder sichtbar zu machen.

Das Ganze ist drittmittelfinanziert. Aus dem Kabelgroschen eine runde Million, dazu Sponsorengelder.

Ja. Und die Stadt wird sich auch

beteiligen. In welcher Größenordnung ist noch nicht klar.

Und das Gesamtvolumen?

Das steht noch nicht fest.

An die Kabelgroschen wird man in den nächsten Jahren so leicht nicht wieder rankommen. Bleibt das Musikfest eine Eintagsfliege?

Diese Mittel sind gefährdet, aber ich glaube nicht für ein nächstes Mal, was turnusmäßig 1991 wäre. Aber das Interesse, das von außen kommt, von Künstlern, von Sponsoren, auch internationalen, die Resonanz ist so ungeheuer positiv, daß ich mir vorstelle, daß man das, fortführen kann.

Es besteht ja die Gefahr, wenn man für so eine Veranstaltung Gelder einwirbt, daß sich die Kulturpolitik noch weiter zurückzieht, und sagt, es geht ja auch ohne uns.

Die Gefahr ist mit Sicherheit da. Sie können es aber auch umdrehen. Wenn der Staat alles macht, dann machen die anderen nichts mehr. Es geht auch darum, daß sich der Kunstschaffende überlegt, wohin geht die Kultur, wie kann ich den Elfenbeinturm knacken, der natürlich auch mit dieser staatlich geförderten Künstlerzucht einhergeht.

Der Landesmusikrat ist empört, daß mit dem Musikfest Bremen „falsche Akzente“ gesetzt werden und die Bremer Kulturszene leer ausgeht.

Der Landesmusikrat sollte der Bremer Kulturpolitik konzeptionell etwas entgegenstellen, anstatt nur zu schimpfen. Das ist eigentlich ein Armutszeugnis von Interessenverbänden, wenn die nur jammern, statt selbst tätig zu werden.

Es ist aber ja nicht zu bestreiten, daß im Programmheft viele Künstler aus London, Paris und New York stehen, Bremen aber nur Veranstaltungsort ist.

Ich kann ihnen ganz klar sagen: Diese Veranstaltung sollte keine erneute Darstellungsmöglichkeit für Bremer Künstler sein. Sonst wäre kein Groschen in die Richtung geflossen. Veranstaltungen gibt es genug, wo es vieleicht fehlt, ist, daß Mittel strukturell verwendet werden können. Aber das müßte dann auch aus den Kreisen der Künstler deutlicher in die Politik gebracht werden. Ich kann mir nicht vorstellen, daß da nicht offene Ohren sind. Ich habe diese Erfahrung jedenfalls gemacht. An manche Dinge muß man eben rangehen wie ein Unternehmer oder ein Landwirt. Der hat sein Gelände und fängt an, das zu beackern. Und er weiß, daß er das auch finanziell auf die Reihe kriegen muß.

Dann sind die Kritiker des Musikfestes die Radieschen, die nur gegossen werden wollen.

Ja, natürlich. Nur Subventionen, das ist auch eine Gefahr.

Fragen: Holger Bruns-Kösters

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen