Jeder hundertste Baum ist tot

■ Waldschäden leicht verringert / Trockenes Wetter kann den Kiefern Rückschläge bringen / Eichen blieben von Schädlingen verschont / US-Army will im Wald künftig vorsichtiger sein / Staatssekretär Groth: Havelchaussee wird teilweise noch im Herbst gesperrt

Der Senat wird den Abschnitt der Havelchaussee zwischen der Lieper Bucht und der Großen Steinlanke wahrscheinlich noch in diesem Herbst sperren. Weil die hier in unmittelbarer Straßennähe liegenden Trinkwasserbrunnen durch den Autoverkehr „massiv gefährdet“ würden, ließe sich dieser Schritt vermutlich nicht vermeiden, sagte Umweltstaatssekretär Klaus Groth gestern. Offen sei jedoch noch, in „welchem Zeitrahmen und mit welchen Ausnahmen“ die gesamte Ausflugsstraße für Autos gesperrt werde.

Diese Ankündigungen machte der Staatssekretär, als er gestern die aktuelle Bilanz der Waldschäden in Berlin vorstellte. Mit einem geringen Rückgang der Schäden setzte sich, so die Ergebnisse der Juni-Erhebung, der Trend der letzten zwei Jahre fort. Allerdings ist nun, anders als noch vor einem Jahr, bereits jeder hundertste Baum in den Berliner Wäldern vollkommen tot. Der Anteil der Bäume ohne Schäden (sie haben höchstens zehn Prozent ihrer Blätter oder Nadeln verloren) stieg dagegen von 29 auf 35 Prozent, der der mittelstark geschädigten Bäume sank von 26 auf 19 Prozent. Wie im Vorjahr sind 44 Prozent aller Bäume gering geschädigt.

Groth und Forstamtsleiter Uwe Meierjürgen schränkten ihre leidlich frohe Botschaft jedoch wieder ein: Die leichte Besserung der Waldgesundheit hat viel mit dem Wetter zu tun. Weil sich Schädlinge schwächer vermehrten, habe die Trockenheit der letzten Monate den Bäumen vorerst geholfen. Inwiefern sie auch den Bäumen zugesetzt habe, zeige sich dagegen erst im September. Erst im nächsten Jahr kann das Forstamt Aussagen machen, wie das heiße Wetter den Kiefern bekommen ist - sie stellen mehr als die Hälfte aller Waldbäume in Berlin. Und die Eichen, die ein knappes Viertel des Waldes ausmachen, profitierten davon, daß sich einer ihrer Hauptfeinde, die Schmetterlingsart des Eichenwicklers, in diesem Jahr trotz eines milden Winters kaum zeigte.

Mit einem Bündel von Maßnahmen will Umweltsenatorin Schreyer dem Wald zu Hilfe kommen. Mehr als „den gegenwärtigen Zustand zu erhalten“, so Groth, könne damit jedoch nicht erreicht werden. Neben der Sperrung von Waldstraßen wie der Havelchaussee und Tempo 100 auf der Avus rühmte der Staatssekretär gestern „erste Erfolge“ in den Gesprächen mit der US-Army. Man habe ihr eine Karte übergeben, in der die Gebiete verzeichnet seien, die bei Manövern verschont werden sollten. Die Umweltsenatorin will, so Groth, „versuchen, die Manövergebiete noch weiter einzuschränken“, um „Mißgriffen“ der übenden Soldaten vorzubeugen. Fortführen will die Umweltverwaltung ein ökologisches Sanierungsprogramm für den Wald, das bereits der alte Senat gestartet hatte. Der „ökologische Waldumbau“ (Meierjürgen) soll eine größere Artenvielfalt im Wald schaffen. Damit werde er resistenter gegen Schadstoffe, als die hergebrachten Monokulturen. Bis der Wald wieder ein natürliches Bild bietet, wird allerdings noch einige Zeit vergehen. Meierjürgens Schätzung: 150 Jahre.

hmt