Kandidat der Diktatur

Ein Yuppie als Präsident soll Chiles Regime reinwaschen  ■ P O R T R A I T

„Guten Tag, hier ist die Marktwirtschaft“: So könnte der Wahlspruch des 40jährigen Hernan Büchi lauten. Er soll der chilenischen Bevölkerung als regimetreuer Kandidat nach 16 Jahren Diktatur das Image einer im europäischen Stil funktionierenden Wirtschaft verkaufen. Büchi, ehemaliger Finanzminister der Diktatur, hat in der Nacht zum Donnerstag seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen im Dezember angemeldet. Der Jungpolitiker zeichnet mitverantwortlich für eine neoliberale Wirtschaftspolitik, die zwar eine makroökonomische Genesung der chilenischen Wirtschaft zum Wohlwollen der ausländischen Gläubiger bewirkte, gleichzeitig aber auch die Armutsraten unter der Bevölkerung schnell ansteigen ließ und den Keim der Unzufriedenheit gegenüber dem Regime in sich trug. Aussehen tut der gebürtige Chilene mit Schweizer Vorfahren gar nicht wie ein Kandidat der blutrünstig-finsteren Diktatur Augusto Pinochets: Mit seinen langen Haaren und seinem lockeren Auftreten wirkt er eher wie ein Yuppie aus Zürich. Er studierte in den USA an der renommierten Columbia Universität Wirtschaftswissenschaften und gehört somit zu einer in ganz Lateinamerika aufsteigenden Gruppe von hochqualifizierten Technokraten, die immer mehr auch die Regierungsgeschäfte in die Hand nehmen. Der Karrierist hat sich seine Kandidatur gründlich überlegt. Fürs erste wird er noch Sergio Onofre Jarpa, den Führer der konservativen Partei der „Nationalen Erneuerung“, aus dem Weg räumen müssen - der hat auch Anspruch auf eine Kandidatur für das Regime angemeldet. Zwischen beiden ist allerdings Büchi sicherlich für die Diktatur der bessere Kandidat. Mit seinem unschuldigen Auftreten könnte der chilenische Yuppie vielleicht sogar den bisherigen Spitzenreiter bei den Umfragen, Oppositionskandidat Patricio Aylwin, ausbooten.

C.K.