Israel: PLO ist und bleibt „terroristisch“

Regierung in Jerusalem dementiert US-Berichte über Kontakte zur Palästinensischen Befreiungsorganisation  ■  Aus Tel Aviv Amos Wollin

Israel hat gestern Berichte aus Washington dementiert, nach denen es geheime Kontakte zwischen der Regierung in Jerusalem und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) gibt. Avi Pazner, der Sprecher von Ministerpräsident Jizchak Schamir, stritt jegliche direkte oder indirekte Kontakte rundheraus ab. Ein Sprecher von Außenminister Mosche Arens, der wie Schamir dem Likud-Block angehört, bestätigte dies und fügte hinzu: „Die PLO bleibt eine terroristische Organisation und hat sich nicht im geringsten geändert.“

Anlaß der Dementis: Der im US-Außenministerium für Nahost zuständige Abteilungsleiter John Kelly hatte am Vortag versichert, die USA seien im Besitz vertraulicher Informationen über geheime Kontakte zwischen Israel und der PLO. In Jerusalemer Regierungskreisen hieß es, die Äußerung Kellys seien möglicherweise eine Revanche angesichts der Bemühungen Israels, die Bush-Administration von ihrem Dialog mit der PLO in Tunis abzubringen.

Jossi Beilin, ein Mitarbeiter von Peres, wollte sich dem Regierungs-Dementi nicht anschließen: „Obwohl Israel alle Kontakte mit der PLO dementiert, bleibt die Tatsache bestehen, daß sich die Amerikaner als Vermittler zwischen Israel und der PLO betätigen. Es gibt auch noch verschiedene andere Vermittler und Überbringer von Nachrichten, wie den ägyptischen Staatsminister Butros Ghali.“

Im Gegensatz zum Likud gehen der Arbeiterpartei detaillierte Berichte über Erklärungen und Aktivitäten der PLO im Rahmen der diplomatischen Bemühungen um einen Frieden im Nahen Osten zu. Solche Berichte werden über palästinensische Führer aus den besetzten Gebieten weitergeleitet, die im Ausland mit PLO-Politikern zusammengetroffen sind. Schimon Peres, Chef der Arbeiterpartei, und Verteidigungsminister Jizchak Rabin werden außerdem vom US-Botschafter in Tel Aviv regelmäßig über den Dialog in Tunis unterrichtet. Demgegenüber wollen die Führer des Likud derartige Informationen nicht zur Kenntnis nehmen. Sie ziehen es vor, die amerikanisch -israelischen Gespräche zu ignorieren.

Unterdessen dämmert die Koalitionskrise weiter vor sich hin. Führer der Arbeiterpartei und des Likud-Blocks bemühen sich um einen Kompromiß, der ein Auseinanderbrechen der Regierung verhindert. So erwägt Schamir, das Kabinett erneut über seinen Vorschlag nach Wahlen in den besetzten Gebieten abstimmen zu lassen - ohne die Einschränkungen, die die innerparteilichen Hardliner letzte Woche bei einer ZK -Sitzung durchsetzen konnten. Führende Politiker der Arbeiterpartei haben es keineswegs eilig, die Koalition aufzukündigen. Sie setzen darauf, daß es Schamir gelingt, einen Weg aus dem Dilemma zu finden, der das Gesicht beider Parteien und damit die Koalition rettet. In drei Wochen tritt das ZK der Arbeiterpartei zusammen, um über diese Frage zu entscheiden.

Es gibt Hinweise darauf, daß Rabin selbst für den Posten des Parteivorsitzenden antreten möchte, sollte das ZK wider Erwarten einen Ausstieg aus der Koalition beschließen. Doch Arbeiterpartei und Likud gehen davon aus, daß die hochrangige US-Delegation, die nächste Woche nach Israel kommt, ihren Bemühungen den letzten Segen geben wird und der Schamir-Plan, möglichst in seiner ursprünglichen Version, Grundlage der Regierungspolitik bleiben wird. Für Schamir bedeutet das den Konflikt mit den Extremisten in den eigenen Reihen - allen voran mit dem machthungrigen Ariel Scharon.

Unterdessen hat Rabin die baldige Wiedereröffnung der Schulen in der Westbank in Aussicht gestellt, die seit Januar 1988 mit kurzen Unterbrechungen geschlossen sind. Die Besatzungsbehörden wollen eine Informationskampagne starten, die sich an Schuldirektoren, Lehrer und Eltern richtet. Nähere Einzelheiten waren zunächst nicht bekannt. Über 300.000 Kindern und Jugendlichen ist derzeit das Recht auf Bildung und Ausbildung verwehrt.