Krach in Hamburger Koalition

Wegen Fehlbelegungsabgabe will die FDP den Haushalt nicht mittragen / Freidemokraten fordern Einführung einer Abgabe für besserverdienende Mieter von Sozialwohnungen / SPD sperrt sich / Koalitionsausschuß soll Konflikt mit Kompromiß entschärfen  ■  Aus Hamburg Axel Kintzinger

In der Hamburger SPD-FDP-Koalition ist es während der momentan laufenden Haushaltsberatungen zu einem handfesten Krach gekommen. Der Streit entzündete sich an der von den Freidemokraten geforderten Einführung der Fehlbelegungsabgabe für besserverdienende Mieter von Sozialwohnungen. Nachdem die SPD in der Nacht zu Mittwoch bei ihrer Weigerung geblieben ist, drohte FDP-Fraktionschef Frank-Michael Wiegand, seine Partei werde den Haushalt für das kommende Jahr nicht mittragen. Sein SPD-Kollege Paul Busse konterte umgehend: Eine derartige, dem Koalitionsklima abträgliche „Drohgebährde“ und ein solcher Politikstil könnten von der SPD nicht akzeptiert werden. Auch in der Nacht zum Donnerstag konnten sich die Koalitionäre auf ein von der SPD vorglegtes Kompromißangebot nicht einigen.

Während die FDP hofft, mit der Fehlbelegungsabgabe 20 bis 25 Millionen Mark jährlich für den Stadtsäckel zu beschaffen, lehnt die Hamburger SPD diesen Schritt, anders als andere SPD-regierte Bundesländer, wegen einer angeblichen Doppelbelastung der Mieter ab. Betroffen von der Fehlbelegungsabgabe wären in erster Linie Mieter, die dem Wählerpotential der SPD zugerechnet werden.

SPD-Parteichefin Traute Müller begründet die Härte der Auseinandersetzung gegenüber der taz so: „Es hat uns lange genervt, daß die FDP nur ihre Klientel vertritt.“ Und die lebe nun mal nicht in den Wohnungen, für deren Bezug viele eine Fehlbelegungsabgabe zahlen müßten.

Doch auch in der SPD bröckelt die Front der Fehlbelegungsgegner. Sehr zum Ärger der Parteimehrheit hatte vor einigen Wochen auch der sozialdemokratische Finanzsenator Hans-Jürgen Krupp für die Einführung der Abgabe plädiert - was die FDP den Elbesozis seitdem genüßlich unter die Nase reibt. Krupp bleibt mit dieser Meinung in der SPD-Prominenz allerdings allein. In Sachen Fehlbelegungsabgabe kämpfen sogar die zum linken Parteiflügel zählende Traute Müller und der rechtslastige Bausenator Eugen Wagner Seit‘ an Seit‘.

Der Koalitionsausschuß, ein paritätisch besetztes Schlichtungsgremium der Regierungsparteien, versuchte in der Nacht zu heute erneut, den Konflikt zu entschärfen. Die Freidemokraten prüften tagsüber den von der SPD vorgelegten Kompromiß, wollten bis Redaktionsschluß aber noch keine Aussage machen. Auf beiden Seiten geht es vor allem um eines: den drohenden Gesichtsverlust zu verhindern. Sowohl SPD als auch FDP hatten sich in der Vergangenheit festgelegt und ihrer jeweiligen Klientel Versprechungen gemacht.