G-7-Gipfel unter schlechtem Stern

Unstimmigkeiten schon im Vorfeld / Westliche Diplomaten: Dritte Welt Länder sollen sich fernhalten  ■  Aus Paris Georg Blume

Schon im Vorfeld des Weltwirtschaftsgipfels gibt es Querelen: Westliche Diplomaten haben dem französischen Präsidenten Francois Mitterrand vorgeworfen, seine westlichen Kollegen in eine „Falle“ gelockt zu haben. Mitterrand habe den Gipfel genutzt, um ebenfalls Regierungschefs aus Ländern der Dritten Welt einzuladen. „Ein Weltwirtschaftsgipfel darf nicht unter dem Druck der Dritten Welt stattfinden. Genau das aber kann passieren, wenn Mitterrand, der einzige Sozialist in der Runde, darauf besteht, seine Positionen zum Schuldenabbau in der Dritten Welt durchzusetzten,“ hieß es aus diplomatischen Quellen.

Der Schuldenabbau in der Dritten Welt, die Entwicklung in Ungarn und Polen, die chinesischen Ereignisse und Umweltfragen stehen im Zentrum des Weltwirtschaftsgipfel, der heute in Paris beginnt. Die Regierungschefs der sieben Teilnehmerstaaten USA, Großbritannien, Italien, Kanada, Japan und der BRD trafen bereits gestern zu den Jubiläumsfeiern der französischen Revolution ein. 28 weitere Staatsoberhäupter und Regierungschefs, meist aus Ländern der Dritten Welt, halten sich außerdem aus diesem Anlaß in der französischen Hauptstadt auf. Unter ihnen Curazon Aquino, Benazir Bhutto und Rajiv Gandhi. Zahlreiche bilaterale Gespräche fanden deshalb bereits gestern statt. Fortsetzung auf Seite 2

Unstimmigkeiten zwischen den westlichen Regierungschefs gibt es offenbar nicht nur in Hinblick auf einen Beschluß zum Schuldenabbau in

der Dritten Welt. Zwar werden voraussichtlich sowohl Bush als auch Mitterrand während der Gespräche am Samstag für die internationale Abstimmung westlicher Hilfen für beide Länder plädieren. Doch hegen die englische und US-amerikanische Regierung offenbar andere Vorstellungen als ihre bundesdeutschen und französischen Partner. Thatcher wies ihre Kollegen hier zur finanziellen Vorsicht an, da die Reformen im Osten noch nicht die Schwelle der „Unaufhaltbarkeit“ erreicht hätten. Sie erinnerte an die Verschwendung westlicher Investitionen in Polen während der siebziger Jahre.

Währendessen sorgt sich insbesondere die japanische Regierung um die unumgängliche China-Erklärung des Gipfeltreffens. Im Voraus macht der japanische Außenminister Mitsuzuka klar, daß sein Land jegliche Art der Wirtschaftssanktionen strikt ablehne. Er kann dabei auf die Unterstützung der englischen Regierung hoffen, die aber im Gegenzug partnerschafliche Hilfe bei

der Aufnahme eventueller Flüchtlinge aus der Kronkolonie Hongkong verlangt.

Weniger Schwierigkeiten dürften die Regierungschefs bei der Verabschiedung einer Prinzipienerklärung zur Umweltpolitik haben. Sie soll sich insbesondere an Brasilien, China und Indien wenden, deren Industriepolitik aus Sicht des Westens zur ökologischen Katastrophe führt.