Mandela fordert im TV erneut Dialog

Erklärung des ANC-Führers im Fernsehen verlesen / Mandela zum Treffen mit „Botha: Korrekte Wiedergabe der Regierung / Er wolle mithelfen, den „Frieden zu fördern“  ■  Von Andrea Seibel

Berlin (taz) - Zum ersten Mal in der Geschichte seiner 25jährigen Haft durfte der 70jährige ANC-Führer Nelson Mandela der südafrikanischen Öffentlichkeit ein Statement direkt übermitteln. Zur besten Sendezeit und als erste Meldung verlas der Sprecher beim staatlichen Fernsehen eine Erklärung Mandelas, in der er den Wunsch äußerte, „gerne mitzuhelfen, um ein Klima herzustellen, das den Frieden in Südafrika fördert“. Dies könne nur durch einen Dialog mit dem verbotenen African National Congress (ANC) geschehen, der der Vertreter der „demokratischen Massenbewegung“ sei. Seine Freilassung sei „in diesem Stadium kein Thema“.

Mandela wollte mit dem Statement sein erst von der Presse aufgedecktes Treffen mit Noch-Präsident Botha vergangene Woche erklären. Meldungen über die 45minütige Begegnung zwischen den Symbolfiguren der Apartheid und der schwarzen Befreiung hatten in der Oppositionsbewegung für erhebliche Aufregung und Kritik gesorgt und waren als Schachzug der Regierung kritisiert worden, während Mitglieder der Nationalen Partei Bothas von einem „historischen Ereignis“ gesprochen hatten.

Mandela nannte am Mittwoch abend die Wiedergabe des Gesprächs durch Justizminister H.J. Coetsee eine „akurate Wiedergabe dessen, was passierte“. Coetsee hatte berichtet, beide Männer hätten sich für eine „friedliche Entwicklung in Südafrika“ ausgesprochen. Vor 28 Jahren hatte der ANC offiziell zum bewaffneten Kampf aufgerufen. „Das Statement“, so Mandela weiter, „ist keine Abweichung von der Position, die ich in den vergangenen 28 Jahren vertreten habe. Nämlich, daß Gespräche mit der demokratischen Massenbewegung, Fortsetzung auf Seite 2

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und hier speziell dem ANC, die einzige Möglichkeit sind, die Gewalt in unserem Land zu beenden und Frieden zu stiften.“ Die Erklärung endet damit, daß Mandela von der Regierung einen ersten Schritt in Richtung eines Dialogs mit dem ANC fordert.

Der Präsident des größten schwarzen Gewerkschaftsdachverbands Cosatu, Elijah Barayi, stellte unterdessen am Mittwoch der Regierung de Klerk ein Ultimatum: Vor 2.000 begeisterten Delegierten auf der Jahresversammlung des 800.000 Mitglieder zählenden Dachverbands in Johannesburg sagte er, wenn es nicht innerhalb von sechs Monaten zu Gesprächen zwischen Regierung und Opposition käme, würde der „bewaffnete Kampf“ gegen die weiße Minderheitsherrschaft weitergehen. Eine „revolutionäre Situation“ sei nötig, um spontane Unterstützung für die schwarze Befreiungsbewegung her

zustellen. „Das ist unsere Aufgabe, das zu organisieren und die nötigen Inhalte zu geben“ sagte Barayi.

Seine Warnung spiegelt die gespaltenen Reaktionen in der Opposition auf das Mandela-Botha-Treffen wider. Während Bischof Tutu von Anfang an das Treffen begrüßte und gestern die Erklärung Mandelas als „eines Staatsmanns würdig“ bezeichnete, hat die ANC-Führung in Sambia das Treffen als „Public-relations-Versuch“ der Regierung abgewertet. Der Südafrikanische Kirchenrat veröffentlichte einen langen „klärenden Kommentar“, in dem der Regierung vorgeworfen wird, zu versuchen, „Mandela als einen Mann hinzustellen, der seiner Einkerkerung müde ist und daher bereit ist, mit dem System Kompromisse einzugehen“.