Lehnstuhl-Reisen: Anderes Reisen: USA/Stadtreisebuch: New York/Anderes Reisen: New York/Richtig Reisen: New York/New York. A Guide to the Metropolis/Der amerkanische Traum/Fegefeuer der Eitelkeiten

44 Jahre Nachkriegskultur haben uns unsere Vormacht USA so seltsam vertraut gemacht, daß unvermeidlich ein Teil des Reisegepäcks auf dem Flug dorthin die Vorurteile und Bilder sind, die unseren Alltag hier mitprägen. Und doch ist alles ganz anders. Das weiß der Band Anders Reisen: USA (rororo, DM 22,80). Das 535-Seiten-Buch macht aus der Not, einen halben Subkontinent zu beschreiben, eine Tugend. Themen sind nur angerissen, dies jedoch so informativ und geschickt, daß ein faszinierender und faktenreicher Einblick entsteht. Der Serviceteil gibt erste, teilweise sogar umfassende Tips zu Städten, Staaten, Konsum und Transport. Die exzellent ausgewählten Fotos sind mehr als nur Bebilderung.

New York ist für die einen der Brennspiegel der USA, wo die Dritte Welt in den Straßenschluchten um die Wall Street beginnt, wo Luxuslimousinen ihre Fracht aus High- und Mafia -Society neben verwahrloste „homeless“ und verdämmernde Süchtige auf die Gehsteige entlassen. Für andere ist New York - und das bedeutet: Manhattan - überhaupt kein Teil der USA, sondern ein bloßer Alptraum, den sie nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Einen für meinen Geschmack wenig empfehlenswerten Appetithappen vom „big apple“ bietet der VSA-Verlag mit seinem Stadtreisebuch: New York (DM 22,80) an. Von den ausführlich beschriebenen „Spaziergängen“ durch einzelne Viertel fühle ich mich allzu betulich an die Hand genommen. Die Fotos, teils nur briefmarkengroß, sind nicht sehr anschaulich. Sie scheinen absichtlich lieblos behandelt. Ärgerlich auch Flüchtigkeitsfehler: So wird von Malcolm X behauptet, daß er die Black Muslims „bis zu seiner Ermordung 1965 anführte“. Dies tat er nie. Er schied außerdem geraume Zeit vor seinem Tod im Zorn von der Organisation, und es gab Hinweise darauf, daß er von Anhängern der Sekte ermordet worden sei.

Schade um die kurzen Abschnitte und „Themenkästen“ zwischen den holprigen Spaziergängen, die mit Gewinn zu lesen sind: über Architektur, Literatur, Theater, Musik und mehr. Die Schwächen dieses Bandes vermeidet zu einem gewissen Maß Anders Reisen: New York (rororo, DM 16,80), einfach deshalb, weil weniger Spaziergänge, dafür mehr Fakten über die Struktur der Stadt, ihrer Einwohner, ihrer Kulturen und ihrer Verwaltung beschrieben werden. Diesen oder den Führer Richtig Reisen: New York (DuMont, DM 36) können die nützlich finden, die nur nach New York jetten.

Wer wirklich „neighbourhoods“ gründlicher kennenlernen will und des Englischen einigermaßen mächtig ist, kann sich New York. A Guide To The Metropolis von Gerald R.Wolfe (McGraw -Hill, $ 14.95) besorgen. Diese üppig bebilderten Touren durch Gegenwart, Geschichte und Geschichten New Yorks zeichnen sich durch liebevolle Detailinformationen aus.

Um aber zu Hause im Lehnstuhl Vorfreude auf die USA zu erleben, gibt es bessere Möglichkeiten. Die „oral histories“ von Studs Terkel, insbesondere Der amerikanische Traum und Working, lassen Menschen quer durch die US-Gesellschaft für sich selbst sprechen, über ihre Vorsätze, Träume, Siege und Niederlagen.

Wem der Sinn nach einem Sittenbild vom Leben in New York unter Koch steht, der greife zum wunderbar bösartig -zynischen Fegefeuer der Eitelkeiten von Tom Wolfe (Kindler, DM 46), der New-York-Saga zwischen Wallstreet und Ghetto.

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