START: neuer Vorstoß Moskaus? Sowjets in Genf wissen nichts

Genf (taz) - Der sowjetische Delegationsleiter bei den Genfer START-Verhandlungen mit den USA hat gestern eine Meldung der 'Washington Post‘ vom Freitag nicht bestätigen können, wonach die UdSSR ihre START-Position in einem wesentlichen Punkt geändert habe und jetzt für ein vollständiges Verbot seegestützter Cruise Missiles (CMs) mit Atomsprengköpfen eintrete. Die 'Post‘ hatte sich auf Moskauer Äußerungen des Chefs der Rüstungskontrollabteilung beim sowjetischen Generalstab, Generaloberst Chervov, berufen. Erst auf mehrfache Anfrage hin ließ Nazarkin erklären, seine Delegation habe einen entsprechenden Vorschlag bislang in Genf nicht eingebracht. Von Chervovs Äußerungen habe er erst gestern erfahren. Ein Sprecher von US-Delegationschef Burt: „No comment.“

Bislang hat die UdSSR den USA in Genf die Begrenzung auf Schiffen und U-Booten stationierter Cruise Missiles mit Atomsprengköpfen auf jeweils 400 und mit konventionellen Sprengköpfen auf 600 vorgeschlagen. Washington lehnt bisher jegliche Einbeziehung seegestützter CMs in einen Vertrag ab, da eine solche Begrenzung nicht verifizierbar sei. Dahinter steht die Weigerung der US-Navy gegen jegliche Begrenzung vor allem der konventionellen CMs.

Einen vor einem Jahr vorgelegten weitgehenden Verifikationsvorschlag Moskaus, der Inspektionen auf allen Schiffen und U-Booten, eine Bestandsaufnahme und Numerierung aller dortigen atomaren wie konventionellen CMs und danach eine dauerhafte Kontrolle von CM-Produktionsstätten sowie Verladeplätzen in Häfen vorsah, hatte Washington als „zu weitgehend“ abgelehnt. Zwar sei die UdSSR eigentlich für das vollständige Verbot aller Typen seegestützter Cruises, zitiert die 'Post‘ Chervov. Mit ihrem neuen Vorschlag, der den USA laut 'Post‘ auch künftig eine unbegrenzte Seestationierung konventioneller Cruises erlaube, erhoffe man sich jedoch ein Entgegenkommen der USA bei den atomaren CMs.

Andreas Zumach