SPD will doch gegen REPs kämpfen

■ Parteispitze distanziert sich von einem Strategiepapier mit dem Tenor „Durch die REPs zur stärksten Partei“ / Anke Fuchs: Nichts anderes als eine alte Analyse / Vom Präsidium bereits verworfen / Gefundenes Fressen für die CDU: Papier zeigt Scheinheiligkeit der SPD

Berlin (taz) - Das sogenannte Strategiepapier zur Haltung der SPD gegenüber den Rechtsradikalen ist nichts anderes als eine halbjahre alte Analyse aus der Parteizentrale, die sich die SPD-Spitze so nie zu eigen gemacht hat. Das zumindest behauptete gestern die SPD-Geschäftsführerin Anke Fuchs. Im Gegenteil, die SPD habe sich stets dafür ausgesprochen, die Rechtsextremisten mit Nachdruck zu bekämpfen und ihren Einzug in die Parlamente zu verhindern.

Genau dies hatte die 'Süddeutsche Zeitung‘ in großer Aufmachung in ihrer gestrigen Ausgabe in Frage gestellt. Laut einem „Strategiepapier“ aus der Planungsabteilung des Ollenhauer-Hauses - aus dem die 'SZ‘ Auszüge präsentiert spekuliere die SPD darauf, mit Hilfe der Rechtsextremisten stärkste Partei zu werden und sich als eigentliche Partei der Mitte etablieren zu können. Dabei wird davon ausgegangen, daß die rechtsextremen Parteien die Chance haben, die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen. Die SPD solle versuchen, das Dilemma der Union auszunutzen, die sich zwischen Abgrenzungs- und Umarmungstaktik gegenüber den Rechtsextremisten nicht entscheiden könnte und deshalb nach beiden Seiten verlieren werde. Die SPD müsse versuchen, CDU und CSU in dieser „Zwickmühle“ gefangenzuhalten 'und damit „die Chancen der Rechtsextremen bei den Europawahlen steigern“.

Die SPD aus machtpolitischen Erwägungen heimlicher Wahlhelfer des rechten Sumpfes? Das vermeintliche Strategiepapier verliert bereits an Brisanz, wenn man den Zeitpunkt seiner Erstellung berücksichtigt. Anfang Dezember 1988, fast zwei Monate vor den Wahlen in Berlin geschrieben, sahen die Prognosen für die möglichen Entwicklungen von DVU/NPD und REPs noch ganz anders aus als heute. So gingen die Autoren der Studie - die sich gegenüber der taz gestern zu ihrem Papier nicht äußern wollten - noch davon aus, daß DVU/NPD bei den kommenden Wahlen größere Chancen hätten als Schönhubers REPs. Wichtigster Einwand der SPD gegen den Vorwurf der heimlichen Unterstützung für rechts aber ist: das Papier sei bereits Anfang Januar vom Präsidium der Partei verworfen und zu den Akten gelegt worden. Inhaltlich hat sich das Präsidium damit gar nicht befaßt, behauptet Anke Fuchs. Im übrigen merken Mitarbeiter aus der Baracke an, habe man im gleichen Zeitraum auch ein Grundsatzpapier über die Möglichkeiten des Kampfes gegen rechts erstellt, das der SZ ebenfalls vorgelegen hätte, von der Zeitung aber unterschlagen worden sei.

Die 'Süddeutsche‘, gewöhnlich kein Kampfblatt gegen die SPD, hält dagegen, wenn das Papier wirklich so irrelevant gewesen sei, wäre es erst gar nicht als Vorlage für das Präsidium in Frage gekommen. Als Beleg dafür, daß solche Vorschläge in der Partei durchaus Anhänger haben, verweist die 'SZ‘ auf nicht genannte Mitarbeiter der Parteizentrale. Die wollen festgestellt haben, daß das Papier auf Erklärungen von SPD- Spitzenpolikern bereits abgefärbt habe.

Ein gefundenes Fressen ist das „Strategiepapier“ für die CDU. Für Generalsekretär Geißler beweist die Studie, daß die SPD trotz gegenteiliger Beteuerungen die „Republikaner“ gar nicht bekämpfen wolle. Statt dessen nähme sie das Anwachsen der Rechtsaußen-Partei mit klammheimlicher Freude in Kauf, um auf Kosten der Demokratie parteipolitischen Nutzen daraus zu ziehen.

JG