Die große Krabben-Koalition

■ Prominente pulten am Samstag auf dem Bremer Kajenmarkt um die Wette

Es sieht etwas nach Kindergeburtstag aus, wie die zwei Damen aus der CDU in der Mitte sitzen und die „Roten“ links und rechts außen rum, spielerisch gleichgemacht durch Kochmützen. Die „Roten“ ist eine Selbstbezichtigung von Peter Sakuth, am Samstagmorgen als Innensenator auf Außendienst, und meint Dr. Dieter Klink, Bürgerschaftspräsident, gleich mit. Die beiden sind nur zwei von ca. acht unterschiedlich öffentlichen Persönlichkeiten beim Bremer Prominentenpulen. Nein, kein Bremer Skandal, bei dem Prominente enthäutet werden sollen, sondern Kajenmarkts -Attraktion der Werbegemeinschaft Bremer Fischfachhändler, einer Art Granatlobby, die dem Krabbenpulen neue Impulse geben will. Bremer - schaut auf eure Politiker und ihre Finger!

Eine Rechnung geht auf: Vier Pulbänke sind vom Volk blickdicht umstellt. Zur Feier der

zwanzig Minuten (Wettzeit) gibt es ungetrübten Senatorenschnaps statt des traditionell-trüben Küstennebel. Das Volk paßt sich der Tümlichkeit der Auch -Nur-Menschen bald an und ruft in Deckung, aber ohne Scheu, Scherzworte, obwohl die Prominenten

nun schon all ihre Konzentration benötigen für eine zielorientierte Bewältigung der gestellten Aufgabe.

Frau Lapuks hält nichts mehr. Das kann doch niemand mitansehen, wie ihr Innensenator im Schneckentempo die Krabbe

zwar richtig am „dritten Glied“ (moderierender Fischfach-En

tertainer Koch-Bodes) anfaßt, sich beim „Zup-fen! Zup-fen! Zup-fen!“ aber so verkrampft, daß das Tier zu Boden und er wahrscheinlich weit ab fällt. Die energische Dickmadamm pult unbehelligt und im Stehen fürs Sakuth-Töpfchen. Das findet der prominent mitpulende Geschäftsführer vom Großmarkt unfair. Weil er aber nicht gewählt werden muß, läßt er's gut sein.

Dieter Klink ist ruhig konzentriert bei der Sache. „Der ist emanzipiert“, freut sich der Geschäftsführer wie über einen Schaden.

Eine Stichprobe beim Senator ergibt nach ca. zehn Minuten ca. zehn Gramm. „Ein Gramm pro Minute“, schätzt er sich selbst ein. Herr Koch-Bodes jubelt über seine „Granatfraktion!“. „Statt Fragestunde solltet ihr lieber mal 'ne Pulstunde in der Bürgerschaft machen!“, übertrifft er alle Vorstellungen. Publikumstraube rast.

Vor lauter Stolz, alle außer FDP und Grüne unter eine Mütze gebracht zu haben, vergißt er beinahe die Zeitvorgabe. Daß die CDU nur Frauen ins Rennen geschickt hat, zeugt von ihrem verzweifelten Willen, wenigstens einmal irgendwo zu gewinnen. Aber jetzt ist die Zeit gleich um, ein „Pulpulpul -Sturm“ bricht aus den Bremern.

„Eine sinnvolle und schöne Entspannung“, findet Herr Sakuth, während sein Töpfchen auf dem Prüfstand ist. Und so „aufgeschlossen“ seien die Bremer! Und Pulen ist der Schlüssel! Also „kann man das ruhig mal machen“. Koch-Bodes zieht die Siegerehrung machtbewußt in die Länge. Dabei stellt sich heraus, daß auf der Hinterbank noch ein Ortsamtsleiter, ein Sozialamtsleiter und ein Beiratsreferent prominent sind.

Die CDU-Frauen sind Frau Schreiber (Sprecherin Beirat Mitte) und Frau Erlenwein, Mitglied, aber nicht Roswitha. Der Plan der CDU geht nicht auf. Eine Bürgerin hat sich eingeschlichen und gewinnt unbemerkt. Herr Sakuth ist mit 70 Gramm letzter, erhält aber trotzdem wie alle anderen einen Küstennebel und einen Alf im Wert von fünf Mark gegen jegliche Probleme. Ausschließlich spaßig. Claudia Kohlhas