Streikende im Einzelhandel

■ Nach der Einigung spricht HBV von bestem Ergebnis bundesweit / DAG in Sackgasse

Nach sechswöchigen Verhandlungen, vier Tagen Streik, einer Einigung, die dann doch keine war und zuletzt einem handfesten Krach zwischen den Gewerkschaften HBV und DAG, ist der Tarifvertrag für den Bremer Einzelhandel unter Dach und Fach. Am Freitag abend einigten sich die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen und der Einzelhandelsverband Nordsee auf einen Manteltarifvertrag. Freute sich gestern HBV-Vorsitzender Hans Jürgen Kröger: „Wir haben den besten Tarifvertrag in der Bundesrepublik erreicht.“ Und auch der Vertreter der Arbeitgeber, Hermann Krauß vom Einzelhandelsverband Nordsee, scheint zufrieden und bewertete das Ergebnis als „Riesenopus mit etlichen Bremensien.“

Eigentlich waren sich die Tarifparteien schon am 23. Juni in Sachen Ladenschluß einig gewesen. „Nur aus zwingenden Gründen zur Sicherung der Existenz

des Betribes“, sollten die Mitgliedsbetriebe des Einzelhandelsverbandes Nordsee geöffnet bleiben dürfen. Nachdem der Bremer Arbeitgeberverband von der Bundeszentrale der Arbeitgeber unter Druck gesetzt wurde, widerrief er die bereits unterzeichnete Protokollnotiz. Die Folge: Drei weitere Streiktage.

Genau diese Protokollnotiz ist jetzt wieder unterzeichnet worden, allerdings mit einer angehängten Auslegungehilfe. „Existenzbedrohend“ kann jetzt sein, wenn Betriebe, für die der Tarifvertrag nicht gilt (z.B. Wertkauf), am Donnerstag künftig bis 20.30 geöffnet haben. Dann dürfen ähnlich strukturierte Betriebe für die der Tarifvertrag gilt, nachziehen.

Für diese Interpretation der Protokollnotiz mußten die Arbeitgeber bei den Tariferhöhungen nachlegen. Statt der ursprünglich vereinbarten 3,1 Prozent gibt es für die Bremer VerkäuferInnen jetzt ab 1. Mai 1990

3,4 Prozent mehr.

Das vorläufig letzte Wort in Sachen Ladenschluß wird jetzt Arbeitssenator Klaus Wedemeier haben. Die HBV erwartet, daß Wedemeier die ausgehandelte Regelung für allgemeinverbidlich erklärt und damit auch nicht-tarifgebundene Betrieb auf den Ladenschluß 18.30 festlegt.

In einer schwierigen Situation ist jetzt die Deutsche Angestellten Gewerkschaft (DAG). Sie hatte es kategorisch abgelehnt, die Protokollnotiz noch einnmal zu interpretieren und war daraufhin nicht mehr an den Verhandlungen beteilgt worden. Bei den für Mittwoch angesetzten Verhandlungen zwischen DAG und Einzelhandelsverband Nordsee werden die Arbeitgeber einen anderen Vertrag, als den mit der HBV verabredeten aber nicht mehr unterschreiben wollen. So steht die DAG vor der Alternative Gesichtsverlust oder für ihre Mitglieder einen tariflosen Zustand hizunehmen.

hbk