Wenn ARD und ZDF nach dem Mond greifen

■ „Vor 20 Jahren: Apollo auf dem Mond“ (ARD, 16.7., 22.40 Uhr) versus „Griff nach den Sternen: Der Wettlauf zum Mond“ (ZDF, 9.7., 22 Uhr)

Den Wettlauf zum Mond hat das ZDF eindeutig für sich entschieden, indem die Mainzer sich erst gar nicht um das für das Jubiläum entscheidende - Startdatum von Apollo 11 am 16.Juli 1969 scherten und einfach eine Woche früher über die Mond-Mission berichteten. Günter Siefarth besaß zwar die besseren Bilder und konnte für die ARD seinen 20 Jahre alten Originalkommentar verwenden, aber wer schaut sich so etwas noch an, wenn eine Woche zuvor Ähnliches zu sehen war. Abgesehen davon, daß es dem ZDF vortrefflich gelungen ist, dem öffentlich-rechtlichen Konkurrenten wieder mal eins auszuwischen, wiesen beide Sendungen riesige schwarze Löcher auf. Das ZDF zeigte zwar, wie die überzeugten Nazis aus dem deutschen V2-Entwicklungsteam um Wernher von Braun von den amerikanischen Behörden zuerst reingewaschen und anschließend nahtlos übernommen wurden, um die amerikanische Raketentechnik voranzutreiben. Dann verließ ZDF-Autor Ralph Piechowiak aber die kritische Distanz. Er zählte genüßlich all die peinlichen Fehlstarts und Unglücke der Amis auf, verwies noch kurz auf den Zusammenhang zwischen Aufrüstung und „ziviler“ Raumfahrt, um schließlich in eine Argumentation abzudriften, die den Russen allein den schwarzen Peter für die Krisen und Beinaheeinsätze der Atombombe während des Kalten Krieges zuschob.

Während die Mainzer den Bösewicht wie gewöhnlich im Osten ausgemacht haben, fällt den Kollegen der ARD zur politischen Dimension der Apollo-Mission gar nichts ein. Die Mondlandung als rein sportliches und technisches Unternehmen: Günter Siefart und Hermann-Michael Hahn haben fürs Erste die Höhepunkte der ersten Mondlandung und der nachfolgenden Apollo-Unternehmungen zusammengestellt: unscharfe Schattenrisse der Mondfähre, die schemenhaften Konturen und Armstrongs kleiner Schritt, der doch angeblich ein so großer für die Menschheit war - nichts ist überholter, als alte Fernsehbilder aneinanderzuschnipseln und zu glauben, darin lasse sich die Spannung jener Tage wiederherstellen. Wenn das Fernsehen damals tatsächlich zum Brennpunkt der Welt wurde, dann reicht es nicht aus, die längste Sendung in der Geschichte des Fernsehens - sie dauerte 28 Stunden - auf ein halbes Stündchen einzudampfen. Ein nostalgischer Rückblick ohne jeden Erkenntnisgewinn also? Nicht ganz, denn immerhin kamen die Beteiligten jener Tage noch eimal zu Wort und mußten eingestehen, daß die ganze Operation Apollo nichts weiter als ein riesiger Flop ohne jeden wissenschaftlichen Nutzen war. Das Mondgestein, dem so entscheidende Bedeutung beigemessen wurde, war dann doch nicht so aufschlußreich, außerdem hätte man es auch mit unbemannten Sonden aufsammeln können. Apollo kostete 100 Milliarden Mark Entwicklungskosten, nur damit eine von Vietnam gebeutelte Nation ihr Selbstbewußtsein aufrichten konnte, weil sie auf dem staubigen Erdsatelliten als erste ein paar Fußabdrücke hinterlassen und das Sternenbanner aufgepflanzt hat. Was fehlte in beiden Sendungen? So ziemlich alles, was über die Darstellung der Voraussetzungen (ZDF) und der Abwicklung (ARD) des Projekts hinausgeht. Vielleicht hätte man sich nicht so sehr auf einen Wettlauf um die erste Ausstrahlung konzentrieren und gemeinsam handeln sollen. Doch eine solche Überlegung muß wohl eine Utopie ohne jeden Realitätssinn bleiben. Eine Kooperation zwischen den Anstalten? Das erscheint so unmöglich, wie einst die Landung auf dem Mond.

Christof Boy