THTR vermutlich nie wieder am Netz

■ Betreiber fürchten finanzielles Fiasko bei geordnetem Auslaufbetrieb / Riesenhuber muß weitere 60 Millionen aufbringen / Restliche Brennelement-Kugeln in den Versuchsreaktor nach Jülich?

Berlin (taz) - Der Hochtemperaturreaktor in Hamm-Uentrop wird vermutlich nie wieder ans Netz angeschlossen. Das geht aus einem Schriftwechsel zwischen Betreibern und Bundesforschungsminister Heinz Riesenhuber hervor, der jetzt bekannt wurde. Allerdings tobt hinter den Kulissen nach wie vor der Poker um die Finanzierung von Einmottung und möglichem Abbruch des abgewirtschafteten Hoffnungsträgers der Atomwirtschaft.

Seit Monaten schieben Bund, Land und die Betreibergesellschaft HKG die Millionen auf dem Papier hin und her. Bislang bestanden die in der HKG zusammengeschlossenen Aktionäre - an ihrer Spitze die Vereinigten Elektrizitätswerke Westfalen, gefolgt von frustrierten Stadtwerken - auf einem sogenannten „geordneten Auslaufbetrieb“ von mindestens zwei Jahren. Nun scheinen sie ausgerechnet zu haben, daß selbst dies zu einem finanziellen Fiasko für die Beteiligten führen dürfte. Wie zu erfahren ist, sollen die Wiederinbetriebnahme des seit Oktober vergangenen Jahres abgeknipsten Pannenreaktors und die damit verbundenen Inspektionskosten den Betreibern schlicht zu teuer sein.

Deshalb schrieb die HKG an Riesenhuber, das Wiederanfahren sei „nicht erreichbar“. Das wiederum brachte den Minister zur Raserei, würden doch die noch vorhandenen Brennelement -Kugeln den Negativ-Saldo des früheren „Reaktors der Zukunft“ um weitere 60 Millionen Mark erhöhen. Riesenhuber bat die Betreiber, wenigstens noch den Kugel-Vorrat zu verbrauchen. Unbestätigten Informationen zufolge soll er den Betreibern für zwei weitere Jahre Forschungsmittel aus dem Bundeshaushalt versprochen haben.

Möglicherweise werden Teile dieses Geldes in den Jülicher „Allgemeinen Versuchsreaktor“ (AVR), ein kleines Fossil der HTR-Linie, gesteckt. Nach Angaben der nordrhein -westfälischen Grünen soll der AVR, für den im vergangenen Jahr ein Stillegungsantrag gestellt wurde, „im Rahmen des Hochtemperaturreaktor-Exportgeschäfts mit der Sowjetunion für einen mehrjährigen Referenzbetrieb wieder auf volle Leistung hochgefahren werden“. Gegenwärtig, so die Grünen, laufen in Jülich Versuche zur Störfallbeherrschung. Zuletzt im April sei eine neue Genehmigung für Versuche erteilt worden.

Wie viele Millionen die SteuerzahlerInnen für das Ende des nuklearen Abenteuers in Hamm blechen müssen, steht nach wie vor in den Sternen. Derzeitige Schätzungen der Gesamtkosten belaufen sich auf 500 Millionen Mark, zu denen die Betreiber neuerdings 166 Millionen beisteuern wollen.

peb