Kiez-Park gekonnt verpennt

■ Weil es der rot-grüne Senat versäumte, rechtzeitig die Haushaltsmittel zu besorgen, dürfen die Kreuzberger auf einen lang geplanten Park verzichten

Die letzte Chanche, daß aus der Brachfläche im Block 104 in Kreuzberg in diesem Jahr noch ein Park werden kann, ist vertan. Weder die zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz, noch die Fraktionen von SPD und Alternativer Liste haben es geschafft, rechtzeitig vor der parlamentarischen Sommerpause die vom CDU/FDP Senat im letzten Jahr eingefrorenen Gelder aufzutauen. Jetzt müssen die Bewohner ein weiteres Jahr auf dieses kleine Stück Grün an der Ecke Mariannen- und Skalitzer Straße warten.

Im letzten Sommer schien es endlich soweit zu sein. Die Pläne für den „Park an der alten Zollmauer“ waren bewilligt, das Geld für den ersten Bauabschnitt vom Parlament genehmigt. Im Frühjahr 1989 sollten die Spaten ausgepackt werden. Doch dann stand im letzten Herbst, für den damaligen Kreuzberger Baustadtrat Orlowsky „völlig überraschend“, der Park wieder auf der Tagesordnung des Hauptausschusses. Auf Antrag des damaligen Umweltsenators Starnick wurden die Gelder für den ersten Abschnitt wieder gesperrt - dem Bausenator zuliebe, denn der suchte händeringend nach Grundstücken für den Wohnungsbau. Die Senatsverwaltung bekam den Auftrag, noch einmal zu prüfen ob sich auf dem kleinen dreieckigen Gelände nicht doch Wohnen und Grün vereinbaren ließe - der Park wurde auf Eis gelegt.

Da Bauen für den CDU/FDP Senat nicht nur wegen der Wohnungsnot, sondern auch wegen der liberal-konservativen Verflechtungen mit der Baulobby der Stadt von entscheidender Bedeutung war, sah man im Bezirk damals schwarz. Zehn Jahre Bürgerbeteilung, ein „einmaliges Planungsverfahren“ (Orlowsky) schienen umsonst. Seit 1978 hatten Besetzer und Bewohner diesen Park gewollt. Gemeinsam mit dem Bezirk, dem IBA Ableger S.T.E.R.N und den Blockbewohnern entwickelte ab 1985 der Grünplaner Hermann Barges das Konzept für den Kiezpark.

Die Hoffnung, daß nach der Wahl unter dem rot-grünen Senat die vom Bezirk und Bewohnern ungeliebte Entscheidung zügig zurückgenommen, und endlich mit dem Bau der über drei Meter hohen Mauer am Blockrand begonnen werden könnte, erwies sich als illusorisch. Gleich nachdem der neue Senat gewählt war, Ende März, habe er an SPD und AL geschrieben, sagt der Ex -Baustadtrat Orlowsky. „Ich hab gesagt, hier ist der Park, ihr müßt schnellstens die Gelder entsperren!“ Doch sein Mahnbrief, der auch an die neue Umweltsenatorin Schreyer und an Baustadtrat Nagel ging, blieb unbeantwortet. Der Bausenator signalisierte zwar, daß er nicht unbedingt an den Plänen seines Vorgängers festhalten wolle, doch sei er nicht zuständig. Zuständig sei die Umweltsenatorin. Die ist zwar für den Park, doch sei man man „überlastet“ gewesen. Der Auftrag des Hauptausschusses, bis zum 31.3. die Planung im Block 104 zu überprüfen, ist immer noch nicht fertig. Und SPD- und AL-Fraktion im Abgeordnetenhaus haben schlicht gepennt. Sie hätten schon im April im Hauptausschuß die Entsperrung der Gelder beantragen können.

Und so steht da, wo noch in diesem Herbst die „Vegetative Lärmschutzwand“ das Leben der Kreuzberger bereichern und verschönern sollte, immer noch ein Metallzaun, und das Gelände verkommt zur Müllgrube. Die Brachfläche reizt weder Kinder zum spielen noch Erwachsene zum Plauschen. Wie magisch zieht sie Schutt und Sperrmüll an. Inzwischen wurde ein Autowrack dort abgeladen, wilde Autofahrer haben auf der Suche nach Parkplätzen den Zaun durchbrochen. Daran wird sich auch in diesem Jahr nichts mehr ändern. Bis Mitte September sind parlamentarische Sommerferien, erst danach kann der Hauptausschuß endlich die längst bewilligten 500.000 Mark entsperren. Doch zum Bauen und Pflanzen ist es dann zu spät.

bf