NofU rüstet fürs Wintersemester 89

■ „Hinweise für den Fall von Störungen“ - eine Broschüre der rechten Notgemeinschaft für eine freie Universität / Störer bei der NofU melden / „Kräfte für den Wiederaufbau schon jetzt organisieren“

Nach einem turbulenten Wintersemester ist an den Hochschulen wieder Ruhe eingekehrt. Doch eine „Situtation wie im Winter 1988/89 kann jederzeit wieder eintreten“, befürchtet die rechte Notgemeinschaft für eine freie Universität (NofU). Seit 1970 damit beschäftigt, Reformen oder wie es im NofU -Jargon heißt, „den Vormarsch der Kommunisten“ an den Hochschulen zu verhindern, mußte die Notgemeinschaft im letzten Wintersemester „die Lahmlegung fast des gesamten Lehrbetriebs in der größten Hochschulstadt Deutschlands“ hinnehmen.

Ein Ereignis, so die NofU, nach dem nicht einfach wieder zur Tagesordnung übergegangen werden dürfe, zumal im Herbst neue hochschulpolitische Konflikte, etwa die Neuregelung des Berliner Hochschulgesetzes, anstünden. Um die „arbeits- und studierwilligen Hochschulmitglieder“ auf eine solche Situtation vorzubereiten, hat die NofU nun in ihrer Publikationsreihe eine Broschüre mit dem vielversprechenden Titel „Hinweise für den Fall von Störungen“ veröffentlicht. In der Broschüre, die nur über eine Postfachanschrift bezogen werden kann, wird auf 20 Din-A4-Seiten ausführlich dargestellt, wie aus der Sicht konservativer Professoren künftig mit streikenden Student Innen - im O-Ton NofU: Störern - umgegangen werden soll. Oberstes Ziel: Lehrveranstaltungen sind mit allen Mitteln zu sichern und „Störer“ zu verfolgen und zu bestrafen.

Dies sei, so bedauern die ungenannten Verfasser der Broschüre, während des letzten Streiks nicht genügend geschehen. Die meisten Hochschulpräsidenten hätten es nämlich unterlassen, „das Recht der Hochschulmitglieder auf Lehre und Lernen“ ausreichend zu wahren. Auch seien die „Streik„-Agitatoren nicht hart genug bestraft worden. Aus „Gründen der gebotenen Abschreckung“ dürfe nämlich, so die NofU, bei der Entscheidung, ob vom Präsidenten Strafanträge gestellt und Ordnungsverfahren eingeleitet werden, keine unangemessene Milde walten. So bedauert es die NofU, daß nach dem Streik Strafanzeigen zum Teil zurückgezogen worden seien. Damit einzelne Hochschullehrer künftig nicht mehr vom politischen Willen der Universitätsspitze abhängig sind, wird als Muster der Brief eines TFH-Professors abgedruckt, der nach dem Streik Ordnungsverfahren gegen drei StudentInnen angestrengt hatte.

Auch sonst ist die Broschüre voll von praktischen Tips (siehe nebenstehende Dokumentation). Die Aufforderung, Störer bei der NofU zu denunzieren, knüpft dabei an die alte Tradition der Rechten an, Kandidatenlisten linker Hochschulgruppen zu sammeln und weiterzugeben.

Auch wenn sich die hochschulpolitische Situation aus der Sicht der NofU derzeit nicht günstig gestaltet, immerhin sind „Gesinnungsgenossen der Betreiber des Boykott-Winters 1988/89 inzwischen an der Berliner Regierung beteiligt“, wittern die rechten Hochschullehrer schon wieder Morgenluft: „Die Berliner Hochschulen haben nun nichts mehr zu verlieren. Ihr Ruf ist durch die Ereignisse im Winter auf das kaum unterbietbare Niveau der frühen 70er Jahre zurückgeworfen“, heißt es in einer anderen NofU-Broschüre über den „Boykottwinter 1988/89“. „Vieles spricht dafür, daß diesmal die Phase des Niedergangs kürzer sein wird als nach 1968. Wir müssen die Kräfte des Wiederaufbaus schon jetzt organisieren. Worauf es zuerst ankommt, ist dies: zerstörerische Maßnahmen von oben und Zumutungen von unten unerbittlich zu widerstehen...“

maer/-guth