Da blieb nur noch die Axt

■ Zwei Jahre Haft für Schläge mit der Axt auf den Kopf eines schlafenden Mitbewohners / Nachts Gewaltvideos angesehen und tags geschlafen

Vor einem Moabiter Schwurgericht mußte sich in dieser Woche ein 42jähriger Kreuzberger verantworten, der im März diesen Jahres seinem Mitbewohner einer Einzimmerwohnung in der Manteuffelstraße mit einer Axt mehrmals auf den Kopf geschlagen hatte. Die Anklage warf ihm einen Mordversuch vor, weil er den schlafenden Mann hinterrücks mit einer Axt angegriffen hatte.

Der Angeklagte, der seit nahezu zwei Jahrzehnten massiv Alkohol mißbrauchte und zuletzt regelmäßig mindestens zehn Flaschen Bier trank, hatte an die Tat selbst keine Erinnerung mehr. Er beschrieb aber das Zusammenleben mit dem 25jährigen Mann: Gemeinsam sei man täglich gegen vier Uhr nachmittags aufgestanden. Während der andere Mann zu Hause geblieben sei, habe er dann die Einkäufe erledigen müssen, und vor allem täglich eine Ration Videofilme aus der Videothek in der Eisenbahnhalle besorgen müssen: Action- und Horrorfilme. Beide hätten dann angefangen zu trinken und bis zum Sendeschluß ferngesehen, um dann die Videofilme anzuschließen. Früh Morgens habe man dann auf's RIAS -Frühstücksprogramm umgeschaltet und danach SatI angeschlossen. Gegen 9Uhr schließlich sei man schlafen gegangen. Nach einigen Monaten - so der Angeklagte - habe man die meisten Filme der kleinen Videothek gekannt. Das Opfer fing deshalb immer wieder Streit an, weil ihm die mitgebrachten Filme nicht mehr gefielen. Aus Anlaß dieser Streitereien hätte ihn das körperlich überlegene Opfer geschlagen und gedemütigt, einmal sogar mit einem Dolch bedroht und solange gewürgt, bis er sich in die Hose gemacht habe vor Angst.

Das Opfer, dem Angeklagten deutlich überlegen, bestätigte die Darstellung des „Lebenswandels“ im Wesentlichen. Zur Tat erklärte er, er habe geschlafen und sei erst aufgewacht, als er Schmerzen am Kopf gespürt hätte. Er konnte noch am Tag der Tat aus dem Krankenhaus entlassen werden, nachdem die am Kopf erlittenen Verletzungen vernäht worden waren. Das Gericht verurteilte den Angeklagten nur wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Strafe von zwei Jahren: Hätte der Angeklagte, so das Gericht, mit Tötungsabsicht zugeschlagen, so wären die Verletzungen mit Sicherheit schwerer gewesen. Die Tatsache, daß nur die Kopfhaut, nicht aber der Schädelknochen verletzt gewesen sei, spreche dafür, daß der Angeklagte nur einen Denkzettel habe verpassen wollen. Staatsanwaltschaft und Verteidigung nahmen das Urteil sogleich an.

taz