Stromtrasse nähert sich Spandau

■ Senat will bis Ende September entscheiden, in welcher Form die Stromleitung durch Spandau gebaut wird / Rechtsgutachten über Stromvertrag läßt hier noch „Spielraum“

Bis Ende September will der Senat klären, in welcher Form die Stromleitung durch Spandau gebaut werden soll. Dies kündigte gestern Umweltsenatorin Schreyer (AL-nah) an, als sie zusammen mit Wirtschaftsstaatssekretär Rommerskirchen (SPD) das Rechtsgutachten über den Stromlieferungsvertrag vorstellte. Wie berichtet, kommen die Gutachter zu dem Ergebnis, daß der Senat den zwischen Bewag, Preußen Elektra und der DDR-Gesellschaft Intrac geschlossenen Vertrag akzeptieren muß. „Spielraum“, so Schreyer gestern, gebe es nur noch in der Frage der Trassenführung. Die Senatorin erinnerte gestern an ihre „Sorge“, die in dem Vertrag vereinbarten Stromlieferungen aus Westdeutschland könnten das Ziel einer ökologischen Energiepolitik „konterkarieren“, erklärte gestern aber, von dieser Politik werde sie sich trotz Stromvertrag „nicht abhalten lassen“.

Die AL will auf einer Mitgliederversammlung im September entscheiden, „welche Schlüsse“ sie aus der Gültigkeit des Stromvertrages und „aus der sich dann ergebenden Situation für die weitere politische Zusammenarbeit ziehen wird“. Der Geschäftsführende Ausschuß (GA) der AL erklärte gestern, die AL erwarte nun „glaubwürdige Schritte“ des Senats in Richtung einer „Energiewende“. Während die Partei den Stromvertrag bisher als Hindernis für eine neue Energiepolitik betrachtet hatte, sieht sie diese nun lediglich „erheblich erschwert“.

Kritik an dem Gutachten, die auch der GA übte, wies Schreyer gestern zurück. Es sei „handwerklich sauber“. Im Senat werde daraus „kein Konfliktpunkt“. Unterschiedliche Auffassungen über den Wert des Stromvertrages wurden dennoch deutlich. „Wesentliche Teile des Senats halten den Vertrag für deutschlandpolitisch bedeutsam“, erklärte Staatssekretär Rommerskirchen. Im Gegensatz zu Schreyer meinte er, der Vertrag lasse sich „sehr gut einfügen in eine neue Energiepolitik“'da er „energiepolitisch sinnvoll und ökologisch zweckmäßig“ sei.

Schreyer meinte dagegen, es gebe keine „Lücken“ in den Berliner Kapazitäten, die Stromlieferungen notwendig machten. Um einen Stromüberschuß zu vermeiden, denkt Schreyer nun daran, in Berlin „Kraftwerksblöcke stillzulegen“. Die Bewag stehe außerdem „Energieeinsparinvestitionen sehr offen gegenüber“. Laut Schreyer hat die Gesellschaft dabei eine „neunstellige Summe“ in „Erwägung“ gezogen. Schreyer will nun prüfen, mit welcher Trassenführung für die Stromleitung der „minimalste Eingriff“ in die Umwelt verbunden wäre. Die Entscheidung über die Trasse werde allerdings auch von der „Preiswürdigkeit“ der Varianten beeinflußt, schränkte die Senatorin ein. Wie berichtet, käme eine von einigen Gutachtern empfohlene Kabelleitung, die per Rohrpressung durch den Boden geschoben würde, wesentlich teurer als eine Freileitung. Zudem wäre eine längere Bauzeit erforderlich. Eine „zeitliche Bindung“ für den Senat gebe es jedoch nicht, erklärte Schreyer. Zwar sei die Bewag laut Vertrag verpflichtet, die Stromleitng spätestens zum 30.August 1992 fertigzustellen, dies sei jedoch eine „Aufgabe der Bewag“. Auf den Senat kämen keine Schadensersatzforderungen zu, wenn dieser Termin nicht eingehalten werden könne, sagte Staatssekretär Rommerskirchen.

hmt