Keine Einigung zu Donau-Kraftwerk

Ungarn und die CSSR gehen ohne Kompromiß zum Donaukraftwerk auseinander  ■  Aus Budapest Roland Hofwiler

Auch in einem Spitzengespräch zwischen dem tschechoslowakischen und ungarischen Ministerpräsidenten Ladislav Aadamec und Miklos Nemeth konnte die Kontroverse um den Bau des umstrittenen Donaukraftwerks Nagymaros nicht beigelegt werden. Die ungarische Regierung hat die Bauarbeiten am gemeinsamen Mammutprojekt im Mai mit der Begründung unterbrochen, die zu erwartenden Umweltschäden ständen in keinem Verhältnis zu dem wirtschaftlichen Nutzen des Projekts. Dies wertet die tschechische Seite als unwissenschaftliche Entscheidung, „die nur auf Druck sozialismusfeindlicher Pseudoumweltschützer gefallen sei“, so Radio Bratislava. Nemeth sprach von „unüberbrückbaren Differenzen, die nicht auszuräumen sind“, und Adamec erklärte, „Ungarn füge der gemeinamen Aufgabe unübersehbaren Schaden zu“. Im Oktober will man sich wieder treffen.

Vor dem Gipfelgespräch tagte ebenfalls in Budapest Anfang der Woche ein wissenschaftliches Forum zu dem Staudammprojekt, auf dem die Standpunkte zwischen ungarischen und tschechischen Wissenschaftlern weit auseinandergingen. Zwar räumten ungarische Experten ein, daß dem tschechoslowakischen Nachbarn durch den Baustopp wirtschaftlicher Schaden entstehen werde; aber es sei doch allgemein zu bedenken, ob solche Mammutprojekte, die einer stalinistischen Staatsplanung entstammten, zeitgemäß seien und ob es nicht umweltschonendere Formen der Stromerzeugung gäbe. Argumente, auf die Prag nicht eingehen will. Dort sieht man in diesen Argumenten einen „Angriff auf die sozialistische Planwirtschaft als solche“, und das nicht ganz ohne Grund: Für mehr und mehr Tschechen und Slowaken ist das Kraftwerk zu dem Symbol schlechthin für staatliche Fehlplanung geworden. Auch auf der anderen Seite des Flusses regt sich der Protest umweltbewußter BürgerInnen. Doch die Petitionen blieben bisher ohne Erfolg: Adamec kündigte an, seine Regierung werde unbeirrt weiterbauen. Die Antwort seines ungarischen Amtskollegen Nemeth: Solange ihr baut, werden auf unserer Seite die Bagger und Planierraupen vorübergehend abgezogen.