HOLZHACKERBUB BERTL. B

■ Divadlo na Provazku mit Brechts „Kleinbürgerhochzeit auf der MIR-Caravane

Was für ein Spaß, wenn die Möbel aus dem Leim gehen! Der selbstbemalte Schrank läßt sich nicht öffnen, weil das Schloß klemmt, die selbstgebastelte Bank bricht, der selbstgezimmerte Tisch verliert ein Bein, und die selbstgeschreinerten Stühle klappen zusammen. Und weil es acht sind, kracht es mindestens sechsmal, schön verteilt über eine reichliche Stunde. Da kann im Theater lustvoll angeschaut werden, was sonst nur im Kino zu sehen ist und zu Hause strengstens verboten ist.

Wenn das Gemetzel unter den Einrichtungsgegenständen auch noch während einer Hochzeit - selbstverständlich nicht der eigenen - stattfindet, ist die Gaudi umso größer. Eigentlich wollten Familie und Freunde, ganz Loriot, erst essen, dann tanzen und auch noch gemütlich sein. Oder erst gemütlich sein, dann essen und dann tanzen? Egal, darauf kam es nicht mehr an. Auf der umständlich angesetzten Kleinbürgerhochzeit landen die von den Frauen liebevoll angerichteten Sahnetorten im Gesicht, und die Feier geht zwischen Eifersüchteleien bereits Verheirateter, sabbelndem Großpapa und aus dem Hosenschlitz hängendem, als Dödelersatz fungierendem Schlips in die fehlende Unterhose. Was haben wir gelacht!

Dabei handelt es sich weder um Loriot noch um einen Film von Otto, sondern um einen Einakter von Bertold Brecht, von diesem geschrieben im zarten Alter von 21 Jahren unter dem Einfluß Karl Valentins. Und der bewegt sich mitunter an der Grenze zwischen Theater und Zirkus, heißt es. Deshalb dachte sich das Theater an der Schnur, daß das Stück sich vielleicht ganz gut eigne, auf der MIR-Caravane aufgeführt zu werden.

An jedem Ort spielt Divadlo na Provazku das Stück in der jeweiligen Landessprache. Ein paar Brocken genügen, um den Handlungsverlauf verständlich zu machen. Notfalls springt ein - nicht brechtscher - Übersetzungsengel ein, im Berliner Fall ein ambitioniert unbeholfener. Die kleineren Wortspiele, mit denen der Bub Bertold seinen Holzhammern zusätzliche Spitzen verleiht, gehen so verloren.

Bleibt also nur noch der Holzhammer, der dann so oft zuschlug, daß einem einem ganz düddelig im Kopf wurde. Kurze Zirkuseinlagen, schön gräßliche Kostüme und gekonnt widerliche Grimassen können keine geeigneten Gegenmaßnahmen mehr bilden. So reiht sich Stuhl an Stuhl, Torte an Torte, bis das Ende auch noch kein Ende nimmt.

C.Wahjudi

Divadlo na Provazku (CSSR): „Die Kleinbürgerhochzeit“. Di und Mi 19 Uhr und Do 22 Uhr im Zelt 1.