Wer verschrottet, muß blechen

■ Spandauer Schrottwerk erhöht Tarife, um Umweltauflagen zu finanzieren / Quellen des PCB im Müll noch nicht gefunden / Zur Not will die Firma ihren Giftmüll billig in Westdeutschland entsorgen: Minister Töpfer hat ein Herz für Schrotthändler

Kaum hat er die Friedhofsgebühren erhöht, sorgt der rot -grüne Senat dafür, daß auch das Verschrotten von Autos teurer wird. Die Spandauer Firma Koch&Lange, die im größten Berliner Schrottwerk täglich 200 Autos shreddert, wird die Tarife drastisch erhöhen. Ab dem 1.August verlangt sie 190 Mark pro Wrack statt 40 Mark, wie bisher. Koch&Lange will auf diese Weise einen Teil der Kosten wieder hereinholen, die der Firma durch Auflagen von Umweltsenatorin Schreyer entstehen. Geschäftsführer Rosenburg, der „schon alle Höhen und Tiefen des Schrotthandels erlebt“ hat, schloß gestern den Sturm zu neuen Höhen und Preisen von 300 Mark nicht aus. Noch teurer sei es aber, betonte der Geschäftsführer, sein Schrottauto einfach am Straßenrand stehen zu lassen. Das kostet nämlich 900 Mark Buße.

Hintergrund der Preiserhöhung: Die Berliner Stadtreinigung (BSR) läßt die Rückstände aus Koch&Langes Shredderanlage seit Donnerstag in der Sondermüllverbrennungsanlage in Schöneiche/DDR verbrennen und verlangt dafür ab August den entsprechenden Tarif von 650 Mark pro Tonne. Bis Ende Juni war der Shreddermüll, wie berichtet, für schlappe 99 Mark auf die DDR-Deponie Vorketzin gewandert. Umweltsenatorin Schreyer stoppte diese Transporte, weil sich herausstellte, daß der Shreddermüll bis zu 85 ppm (parts per million) der giftigen Polychlorierte Biphenyle (PCB) enthält. Müll, der mehr als zehn ppm PCB enthält, wird auf den DDR-Deponien nicht angenommen - er könnte das Grundwasser gefährden.

Eine Dauerlösung ist allerdings auch Schöneiche nicht: Allein mit den 12.000 Tonnen Shreddermüll, die Koch&Lange jährlich produzieren, wäre die Jahreskapazität der Verbrennungsanlage von 15.000 Tonnen fast erschöpft. Die Senatsumweltverwaltung hat der Firma deshalb auferlegt, nach den PCB-Quellen in den Autowracks zu fahnden und diese dann vor dem Shreddern zu entfernen. In zwei Wochen will das von Koch&Lange beauftragte „Institut für Baustoffprüfung“ ein weiteres Gutachten vorlegen, nachdem die Senatsumweltverwaltung ein erste Untersuchung als „Makulatur“ bezeichnet hatte. Koch&Lange habe die Wünsche des Senats nicht präzise an das Institut weitergegeben, betonte Gutachter Klaus Höher gestern.

Zur Not will Rosenburg die geshredderten Autos mitsamt Müll nach Westdeutschland exportieren. Dort kostet die Entsorgung des Shreddermülls höchstens ein Zehntel dessen, was die BSR verlangt. Pro Tonne würden zwischen fünf und 60 Mark verlangt, erläuterte Jürgen Kussatz vom Bundesverband der deutschen Schrottwirtschaft (BDS). Im Bundesgebiet darf Shreddermüll sogar dann noch auf die Hausmülldeponie geschafft werden, wenn er „im Trend“ 50 ppm PCB enthält. Ursprünglich wollte Bundesumweltminister Töpfer Shredderrückstände als Giftmüll in die TA (Technische Anleitung) Sondermüll aufnehmen. Doch dann man habe festgestellt, so Kussatz gestern offenherzig, daß die Beseitigungskapazitäten nicht ausreichen würden, wenn Shreddermüll als Sondermüll entsorgt werden müßte. Anstatt zu versuchen, den Müll zu entgiften, wie Umweltsenatorin Schreyer dies tut, deklarierte Töpfer ihn deshalb einfach um. In einem Brief vom 23.Mai kündigte er den Bundesländern einen entsprechenden Erlaß an. Schreyer, so ihr Referent Schwilling gestern, werde das nicht hinnehmen.

hmt