Q U E R S P A L T E Weiter so!

■ Der beste Außenminister ist, wer sich am knappsten überlebt

Du schaffst es, Hans-Dietrich! So ein Politiker muß doch kaputt zu kriegen sein! Die Nation feuert dich an: mach ihn alle! Den Hörsturz so schnell überstanden, daß einem Hören und Sehen vergeht, die jüngste Harnblasenoperation in Rekordzeit hinter sich gelassen, unzählige Schwächeanfälle locker durchtänzelt, und nun dieses Weltspitzenergebnis: den zweiten Herzinfarkt nach nur drei Tagen absolviert, am zweiten Tag schon wieder nach den Akten verlangt und am dritten sich schon wieder „hervorragend“ gefühlt - das setzt Maßstäbe in dieser Disziplin namens Politik, das schafft nur einer, der regelmäßig den Zwanzigstundentag trainiert und dabei als Außenminister beim Um-die-Welt-jetten durch die Zeitverschiebung noch eine Arbeitsstunde zusätzlich rausschlagen kann. Willy Brandt mit seinen zwei Herzinfarkten? Weit abgeschlagen. Helmut Schmidt mit seinem Schrittmacher und seinen heimlichen Schwächeanfällen? Glatt überrundet. Zahllose Abgeordnete und Minister, nach läppischen Sechzehnstundentagen längst auf der Strecke geblieben (vom Kanzler mit seinen ständigen Gewichtswehwehchen gar nicht zu reden).

Gib nicht auf, Hans-Dietrich, auch wenn du ohnehin schon konkurrenzlos bist. Straf die Schulmedizin Lügen, lach die Gewerkschaften mit ihrem 35-Stunden-Woche-Gedusel aus. Und wenn du sie jemals zu Gesicht kriegst: Hör‘ nicht auf deine Frau. Ignorier‘ das Gerede von gefährlicher seelischer Verkrüppelung und der Politik als Sucht, die Doping -Kontrollen finden ohnehin nicht statt. Und zeig es vor allem den Rot-Grünen da in Berlin, wo ein Innensenator Überstunden - in Worten überstunden! - als Urlaub abbummeln will, weil er glaubt, auch Politiker hätten ein Anrecht auf eine 80-Stunden-Woche und eine durchschnittliche Mortalitätsrate. Das ist doch kein politischer Stil, so jemand gehört gleich disqualifiziert! Da haben sie's ihm aber gleich ganz schön gegenschert, die Sportsfreunde in Berlin, und ihn ruckzuck wieder an den Schreibtisch zurückgepfiffen. Na, und dann die rot-grüne Berliner Kultursenatorin, die sogar einen freien Abend in der Woche für sich verlangt - sollen sie doch die Finger von der Politik lassen, die Frauen, wenn sie nichts als Privatleben und Familie im Kopf haben. Politik ist nun mal kein Deckchensticken, sondern eine Überlebensfrage. Immerhin hat in den letzten 30 Jahren fast jeder neunte Bundestagesabgeordnete seine dicken Diäten mit dem plötzlichen Tod am Arbeitsplatz bezahlt. Das bißchen Selbstaufgabe darf man ja wohl von einem Politiker erwarten. Drum vorwärts, Hans-Dietrich, im Kampf um den dritten Herzinfarkt, ein Politikerleib ist zwar zäh, aber nicht unbesiegbar!

Vera Gaserow