Exxon macht sich aus dem Staub

■ Nachdem der Konzern nach der Ölkatastrophe in Alaska mit Millionen um sich geworfen hat, will er zum 15. September die Reinigungsarbeiten ganz einstellen / Jetzt folgen Prozesse - auf Jahre

Berlin (taz) - Der größte Ölkonzern der Welt glaubt seine Schuldigkeit getan zu haben. Exxon (Esso), verantwortlich für die Ölkatastrophe vom 24. März, will pünktlich zum 15. September die Reinigungstrupps abziehen, obwohl noch Tausende Kilometer Strand verseucht sind. Auch 11.000 Menschen Reinigungspersonal mit 1.000 Fahrzeugen und 70 Flugzeugen konnten in vier Monaten die Küsten nicht von den 42 Millionen Litern Öl befreien, die nach der Havarie der „Exxon Valdez“ ihr klebriges Netz über Flora und Fauna gebreitet hatten: 28.000 Vögel und 800 Seeotter starben bisher. Mit dem Abzug der PR-trächtigen Logistik, die eine Million pro Tag kostete, will Exxon die Arbeit ganz einstellen. Die Entscheidung, sich aus dem Staub zu machen, kommt parallel zu Meldungen, wonach der Konzern mit Gesamtkosten in Höhe von 1,2 Mrd. Dollar rechne. Offenbar hat ihn die Tankerhavarie schwerer getroffen als selbst Wall Street im März noch glaubte. Für das zweite Quartal 1989 wolle man 850 Mio. Dollar vom Nettoertrag für die Reinigungskosten beiseite legen. Damit bleiben unterm Strich nur noch 150 Milliönchen Nettogewinn - so jedenfalls die Geschäftsleitung. „Das ist ziemlich viel Geld, aber es wird nicht der Untergang sein“, meint denn auch Rosario S. Ilacqua, ein Kenner der Ölbranche. Nicht in den 1,2 Milliarden enthalten sind allerdings noch anfallende Entschädigungen für bisher schon 143 Privatkläger. Seine Firma, so Exxon-Präsident William Stevens letzte Woche vor einem Unterausschuß des Senats, habe bisher 600 Millionen Dollar ausgegeben: mehr Geld als bei jeder anderen Ölkatastrophe. Und außerdem habe man von Anfang an das Hauptaugenmerk auf die Reinigung gelegt. Damit will sich der Konzern offenbar gegen Regreßansprüche des Staates Alaska wappnen. „Klar wird es einen Rechtsstreit zwischen Exxon und Alaska geben“, sagt Jeff Bush, zweiter Mann im staatlichen Koordinationsbüro. „Der Staat fängt gerade an, die Schäden zu überprüfen. Das wird allerdings Jahre dauern.“

Andrea Seibel