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„Der Knast hat mich überzeugt“

■ Statt 300 Mark Geldstrafe für die Teilnahme an einer Blockade in Mutlangen zu zahlen, ging Christa Kröger (26) für neunzehn Tage in den Knast / Christa Kröger: Die Zeit im Knast hat mich im Sinne des zivilen Ungehorsams bestärkt

taz: Wie kommt man auf den Gedanken, statt 300 Mark Geldstrafe zu bezahlen, in den Knast zu gehen?

Christa Kröger: Die Blockaden in Mutlangen waren und sind richtig. Mit dem Urteil wurde gesagt, ich hätte mich falsch und ordnungswidrig verhalten. Aber welcher „Ordnung widersetze ich mich? Das Urteil wollte ich durch Zahlen der Geldstrafe nicht auch noch anerkennen. Zunächst wurde mir ein Einstellungsverfahren angeboten: Ich sollte 300 Mark zahlen, ohne daß es zum Urteil gekommen wäre. Aber ich wollte mich nicht abwimmeln lassen, sondern die Auseinandersetzung vor Gericht. Jetzt habe ich den Staat Geld gekostet, er mußte sozusagen für unsere Friedensarbeit zahlen. Das hätte er sich sparen können mit einem Freispruch.

Mit welchen Erfahrungen hast du das Gefängnis verlassen? Würdest du so etwas erneut in Kauf nehmen?

Ja, der Knast hat mich überzeugt und nicht als abschreckendes Mittel staatlicher Repression gewirkt. Die Zeit dort hat mich in meinem Denken und Handeln im Sinne des zivilen Ungehorsams bestärkt.

Starke Worte - wie ist denn der Prozeß der „Überzeugungsarbeit“ im Gefängnis gelaufen?

Zuerst war ich in der alten Haftanstalt Leonberg. Die Milchglasscheiben an den Fenstern waren eine ganz komische Erfahrung: eingeschlossen zu sein, ohne nach draußen gucken zu können, war schlimm. Ebenso die offene Toilette und das Leben mit mehreren auf einer Zelle. Dann war ich im Vorfeldbereich von Schwäbisch-Gmünd, wegen Überfüllung bin ich nicht in den Zellenbau gekommen. Neue Architektur und helle Farben ändern dort nichts an Schikane und Entmündigung im Strafvollzug. Das war mir vorher alles nicht so bewußt.

Stimmt es, daß inhaftierte BlockiererInnen als „Edelknackis“ behandelt werden?

Ja. Auf meine Arbeitsverweigerung hin bekam ich zwar auch eine Freizeitsperre. Ich kam nur zum Hofgang und den Mahlzeiten aus der Zelle. Doch solche Sanktionsmaßnahmen werden bei BlockiererInnen weicher eingesetzt. Andere müssen da z.B. in den Bunker.

Haben die Mitgefangenen verstanden, warum du „freiwillig“ in den Knast gegangen bist?

Einige unterstützen mich, andere fanden meine Haltung eigenartig und sagten: „Lauf das nächste Mal schneller weg.“ Die haben nicht verstanden, warum ich in Mutlangen mit den anderen blockiert habe und warum ich bewußt die Haft als öffentliche Aktion wählte.

Nicht jeder kann sich ruckzuck entscheiden, 19 Tage „aus Überzeugung“ in den Knast zu gehen. Fiel dir der Entschluß leicht, weil du Studentin bist?

Ursprünglich hatte ich gedacht, sie wollten erst mal pfänden, um das Geld einzutreiben. Aber die Behörden schickten sofort die Aufforderung zum Haftantritt. Den Termin konnte ich sogar um vier Wochen wegen Studienarbeiten bis zum Semesterende verschieben.

So locker springt der Staatsapparat gewöhnlich nicht mit Verurteilten um.

Ja, es ist zwiespältig. Unser friedenspolitisches Engagement halten die Richter für ehrenwert, und verurteilen uns dann trotzdem. Anders gesagt: Der Staat droht mit Sanktionen, die er dann in verweichter Form einsetzt. Sie sind sich offenbar nicht sicher, wie sie mit BlockiererInnen von der „Kampagne Ziviler Ungehorsam bis zur Abrüstung“ umgehen sollen.

Welches ist die nächste Blockade, an der du teilnehmen wirst?

Ich konzentriere mich ja auf Mutlangen, und da wollen sie im Moment wegen des INF-Vertrages keine Blockaden machen. Deshalb weiß ich noch nicht so genau, wann ich wieder an so einer Aktion teilnehme.

Das Gespräch führte Petra Bornhöft

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