„Die Chop-Suey-Gang“ - Tatort Bremen, 13.Teil

■ Der taz - Sommerkrimi in 32 Folgen / Aus einem Roman von Jürgen Alberts

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bitte

das

Pictogramm

Die Wohnung von Xiao Chen lag im Souterrain eines großen Hauses. Zwar waren die Vorhänge aus schwerem Samt und ließen kein Licht durch, aber sie würden sich verraten haben, wenn ihnen jemand auflauerte. Davids stand auf, machte ein Zeichen, daß Xiao Chen das Licht auslöschte. Er schob den Vorhang zur Seite. Auf der anderen Seite stand der Wagen Chens, es war niemand zu sehen. Sie sprachen im Dunkeln weiter, eng aneinandergeschmiegt.

„Zwei Wochen, bitte,“ wiederholte Xiao Chen, „iche muß einen Vorsprung haben.“

Davids versuchte einige Male herauszubringen, wovor sein Freund eigentlich Angst hatte, aber er stieß gegen eine Wand. Immerhin zahlte der Besitzer des Peking an die Triade und war auch bereit, weiter zu zahlen; daher konnte seine Vorsicht nicht kommen. Davids spürte, wie der kleine Chen zitterte, wie der Körper erstarrte. Der Chinese stand auf und holte etwas zu trinken. Er kam mit einer Flasche und zwei Gläsern wieder.

„Mao Tai, das Beste, was es gibt.“

Sie tranken. Davids hatte so einen Schnaps noch nicht probiert, er brannte scharf, roch nach Sprit und verflog im Rachen. Den ganzen Abend war er nüchtern geblieben, wollte nicht wieder im Büro mit einer nächtlichen Ausdünstung erscheinen, aber dieser Schnaps forderte den nächsten. Auch Xiao Chen trank noch einen.

„Den kriegste du hier nicht, leider. Immer wenn iche mir selbst etwas Gutes tun will, dann trinke iche einen.“

„Wo bist du eigentlich gewesen?

„ fragte Davids ganz unvermittelt. „Mao Tai kaufen warst du doch nicht?“ Xiao Chen lächelte, ohne das Gesicht zu verziehen.

„Iche mußte was erledigen.“

Joe Davids gefiel diese Antwort nicht. Und er vertrug keine Lügen. Nicht jetzt, nicht bei all dem, was er für seinen Freund in Kauf nahm.

„Iche war in Holland. Mußte hinfahren.“

„Und was hast du da gemacht?“ Davids insistierte. Der Mao Tai machte ihn heftig

„Gesprochen.“

„Mit wem?“

„Mit jemand aus der Triade.“

„Und warum sagst du mir das nicht?

Xiao Chen schenkte nach.

„Trinken wir.“ Joe Davids stürzte sein Glas hinunter.

„Xiao Chen, damit du weißt, warum ich frage“ - Davids stellte sein Glas ab und nahm den Kopf seines Freundes an die Schulter - „ich will dich nicht verraten, bestimmt. Ich halte die Klappe, wenn du willst, sollen die allein drauf kommen. Aber ich muß wissen, woran ich bin. Ver stehst du? Ich vetraue dir, du vertraust mir.

Xiao Chen nickte. Seine Hand umschloß das Glied seines Freundes.

„Iche habe alles gesagt.“ „Worüber habt ihr gesprochen, in Holland?

Davids spürte, wie sich sein Geschlecht regte. Der wunderbare Schnaps, die wunderbare Hand, der Geruch des Haares und der Lust, er wehrte sich dagegen, wollte nicht aufhören zu fragen. Und dabei war ihm bewußt, daß er seinen Freund angelogen hatte, denn von seinem zweiten Besuch bei Schmückel sagte er nichts. „Über Geld, Joe. Es geht immer über Geld.

„Aber du zahlst doch.“

„Ja, ich zahle auch weiterhin. Will meine Ruhe haben. Aber die Triade ist unersättlich.“ Davids war im Zweifel. Sein Glied stand aufrecht. Xiao Chen war ebenfalls bereit. Sie tobten. Stießen gegeneinander und ineinander. Lachten. Berührten sich sanft und hart, ließen sich fallen und kamen mit heftigen Stößen.

„Mao Tai“, sagte Xiao Chen, als

sie ermattet nebeneinander lagen, „das Beste, was es gibt.“

Davids stöhnte auf. Er wußte, daß seine Fragen nicht beantwortet waren. In seinem Kopf war diese helle Leere, als sei alles erleuchtet, luftig, gelöst, er sank immer schneller. Kurz darauf war er eingeschlafen. Als er vier Stunden später aufwachte, saß Xiao Chen mit angewinkelten Beinen im Bett: „Bitte , paß auf diche auf, Joe! Es ist wirklich gefährlich.“

Pressesprecher Harms war mit seinem Text zufrieden, nur das Foto gefiel ihm gar nicht. Einfach Licht drauf und abfotografiert. So eine Hand erforderte Lichtgestaltung, aber jetzt war es zu spät, die Meldung mußte raus:

WER HAT DIESE HAND GESEHEN?

Am gestrigen Montag ging bei der Polizei anonym ein Schuhkarton ein, in dem die oben abgebildete Hand lag. Diese Hand, die keine besonderen Merkmale aufweist, muß vor wenigen Tagen noch „lebendig“ gewesen sein. Der Schuhkarton stammt nachweislich aus einem der hiesigen Kaufhäuser. Wer hat diese Hand gesehen? Sach

dienstliche Hinweise, die auf Wunsch auch vertraulich behandelt werden, nimmt jede polizeiliche Dienststelle entgegen. gez. Harms, Polizeisprecher

Harms hatte überlegt, ob er schreiben solle, wem eine solche Hand fehle, aber das wäre eine Stilblüte gewesen, die er glücklicherweise rechtzeitig bemerkte.

Joe Davids hatte ein flaues Gefühl im Magen, als er durch die Gänge des Polizeipräsidiums ging. Er wußte, daß der Fall Scholz nicht um einen Deut weiter aufgeklärt war, daß er die ganze Woche lauter Dinge in Erfahrung gebracht hatte, von denen er schweigen mußte; und er kannte den Kriminaldirektor Lang, der gerne mit Ergebnissen brillierte. Als Davids die knappe Mitteilung auf seinem Schreibtisch fand, wußte er, daß er sich bei Lang eine Zigarre abholen mußte. Das hatte der neue Kriminaldirektor von seinem Vorgänger gelernt, immer die einzelnen Kollegen zum persönlichen Gespräch bitten, um sie dann an die Kandare zu nehmen. Fortsetzung folgt am Monta