SPD geht für Senat Klinkenputzen

■ Genossen sollen „massiv ran an die Bürger“ / Tausende BremerInnen müssen mit Anruf, Besuch oder Einladung rechnen

Bremens SozialdemokratInnen gehen schweren Zeiten entgegen. Wenn die GenossInnen aus Urlaub und Sommerfrische nach Hause zurückkommen, wartet harte Arbeit und allerlei häusliche Unbequemlichkeit auf sie: Gut erholt müssen sie „raus aus den Gremien und ran an die Bürger“. Unter diesem Motto haben ihnen jetzt die Parteivorsitzende Ilse Janz, Landesgeschäftsführer Henrick Marckhoff, Fraktionssprecher Ingo Kramer und Senatssprecher Reinhold Ostendorf eine Halbzeitkampagne zur Ima

gepflege von Partei und Senat zwischen den Wahlen verordnet. Ein entsprechender Appell ist jetzt von der Parteivorsitzenden Ilse Janz an alle Parteitagsdelegierten und Ortsvereinsvorsitzenden verschickt worden.

Rund 10.000 BremerInnen sollen im Rahmen der einwöchigen PR -Kampagne vom 9. bis zum 14.Oktober ungebetene Telefon -Anrufe von wildfremden Sozialdemokraten bekommen, Tausende darüber hinaus mit einem Röschen zu lokalpolitischem Small -talk vor der Haustür oder

im privaten Wohnzimmer bewogen und weitere 2.000 beim netten Sozialdemokraten von nebenan zum Polititplausch mit Bremer SPD-Lokalgrößen geladen werden. Parallel dazu sollen sich Bremens SenatorInnen möglichst pressewirksam in Betrieben, Vereinslokalen, bei Kleingärtnern und auf Mieterversammlungen blicken lassen. Ziel der Kampagne: Die Bürger sollen massiv „nach ihrer Meinung“ gefragt und in „den politischen Dialog“ verstrickt werden. Um das Entree beim Bürger zu erleichtern, sol

len alle sozialdemokratischen Klinkenputzer zusätzlich mit Blocks von „Abfrage-Zetteln im halben Postkartenformat“ ausgestattet werden, auf denen das Wahlvolk auch zwischen den Wahlen wählen darf und sich entscheiden soll zwischen der „Schaffung von Arbeits-und Ausbildugsplätzen“, dem „Ausbau des Sozial-und Bildungsangebots“, der „Lösung der Ausländer- und Aussiedlerproblematik“, der „Inneren Sicherheit“, der „Verbesserung der Stadtstruktur“ und „aktivem Umweltschutz“. Allerdings: Wer für Arbeitsplätze plus Bildung ist, kann nicht mehr für Umweltschutz sein. Nur „zwei Nennungen sind möglich“. Macht allerdings insofern nichts, als sich das Kampganen-Team über die Auswertung der Bürger-Wunschzettel bislang keine Gedanken gemacht zu haben scheint. Diskutiert und verworfen wurde lediglich die Möglichkeit, dem Volk die Rücksendung der Fragebogen selbst anheimzustellen. Wegen des „Problemes eines eventuell geringen Rücklaufs“ und der „Überprüfbarkeit durch Journalisten“ sollen Hausbesucher die Zettel gleich mitnehmen.

Ansonsten sieht das sechsseitige „Umsetzungskonzept“, das bislang nur in Senatskanzlei und Parteiführung ohne „Basis“ diskutiert und in schlichtem „Dienstanweisungston“ gehalten ist, vier Aktions-Schwerpunkte vor. Laut Punkt 1 Nachbarschaftstreffen hat jedes Mitglied der Fraktion in der

Kampagnewoche mindestens zwei Nachbarschaftstreffen durchzuführen. „Zuarbeit erfolgt durch die Ortsvereine“ in der Weise, daß OV-Mitglieder ihre Wohnugen für die Treffs zur Verfügung stellen und die Einladung interessierter Nachbarn sicherstellen. Für die parallel geplante Telefonaktion hat die SPD eingestandenermaßen so wenig Erfahrung, daß zu ihrer Organsiation eigens ein Mitarbeiter der Senatskanzlei abgestellt werden soll, um sicherzustellen, daß an sechs Tagen mindestens 10 Telefonleitungen mit Abgeordneten, Senatoren und Partei -Vorstandsmitgliedern besetzt sind und 10.000 Angerufene abfertigen. Für die drittens geplante und „hinsichtlich der erreichbaren Bürgerkontakte konkurrenzlose“ Rosen-gegen -Zettel-Aktion sollen sich die SPD-Ortsvereine bis zum 10. September verpflichten und die Zahl ihrer jeweils geplanten Hausbesuche festlegen.

Ob die so mitziehen, wie sich die Presseprecher-Troika das ausgedacht hat, scheint den Kampagnen-Managern allerdings selbst zweifelhaft. Die bisherige Resonanz deutet offensichtlich eher auf Lustlosigkeit an der Basis. Parteivorsitzende Janz bat inzwischen - „abweichend vom ursprünglichen Konzept“ - allen Hausbesuchten jetzt wenigstens „eine einzige Frage“ zu stellen, „nämlich die, in welchen politischen Bereichen sie in Bremen vordringlichen Handlunsgsbedarf sehen.“

K.S.