Pilotin Anne: Heute rede ich

■ Auf einer Pressekonferenz will Senatorin Klein heute Einzelheiten über ihre Teilnahme am „Pilotenspiel“ berichten / FrauenfrAktion stellt sich hinter Klein

Jugendsenatorin Anne Klein (AL-nah) wird jetzt auch persönlich der Öffentlichkeit über ihre Vergangenheit als „Pilotin“ Auskunft geben. Auf einer Pressekonferenz heute mittag will sie erklären, wie oft und mit welchem Gewinn sie „geflogen“ ist.

Am späten Samstag abend landete Anne Klein endlich in Berlin. Der Fluglotsenstreik sei schuld, hieß es, daß die Senatorin nicht unverzüglich, wie es der Delegiertenrat am Mittwoch abend gewünscht hatte, angereist sei. Noch in der Nacht sprach sie mit dem Regierenden Bürgermeister Momper und Senatssprecher Kolhoff. Auch FunktionärInnen der AL stand die Senatorin noch Rede und Antwort.

Aus dem Rathaus Schöneberg stieg gestern weißer Rauch auf. Momper ist zwar persönlich „stinksauer“ auf die Senatorin, fand aber ihre Erklärungen über ihre Teilnahme am „Pilotenspiel“ einleuchtend. Allerdings veröffentlichte die 'BZ‘ als Antwort auf Frau Kleins Erklärung, sie habe nur einmal gespielt und außerdem nur 10.000 Mark gewonnen, am Samstag zwei eidesstattliche Erklärungen, in denen dargelegt ist, daß Anne Klein auf mehreren Treffen aufgetreten sei und die Spielregeln erklärt habe. Frau Klein werde sich zu all diesen Fragen ausführlich und offen heute äußern, sagte Senatssprecher Kolhoff am Sonntag. Der Regie rende Bürgermeister habe ihre Erklärungen für ausreichend befunden.

Inzwischen hat sich nach einwöchigem Schweigen auch die Berliner FrauenfrAktion für Anne Klein verwendet. Frau Klein war auf Vorschlag der FrauenfrAktion zur Senatorin nominiert worden. Anne Kleins Fall, so schreiben die Frauen, sei von einer „machtstrickenden Männerriege“ diktiert, die es nicht dulden könne, daß eine Senatorin, die sich Feministin nennt, nicht der männlichen Sauberkeitsideologie angepaßt sei. Da würden „männliche Zockerphantasien“ gegen eine Frau ausagiert, die, „weil sie ein Spiel gewinnt, politisch verlieren soll“. Die männlichen Kritiker ihrer Senatorin fordern sie zur öffentlichen Debatte über „Machtpoker und politische Moral“.

Anne Klein wird aber heute nicht nur zu ihrem zwei Jahre zurückliegenden Glücksflug befragt werden, auch ein Fall aus ihrer Anwaltspraxis ist inzwischen in die öffentliche Debatte geraten. Der Vorwurf, weswegen die Staatsanwaltschaft derzeit Vorermittlungen durchführt, lautet, sie habe in einer Scheidungssache eine Frau vertreten und später in derselben Angelegenheit den Mann beraten. Stimmt es, hätte die Anwältin gegen das Standesrecht verstoßen und Paragraph 356 des Strafgesetzbuchs verletzt. Das wird mit Freiheitsstrafen zwischen drei Monaten und fünf Jahren geahndet.

bf