Wappentreue

■ Die BVG will uns weiterhin einen Bären aufbinden

Den Berliner Busfahrern sei Dank. Kaum haben sie es durchgesetzt, daß der Mitteleinstieg der großen Gelben zum Einstieg geöffnet wird, kaum also haben sie im Interesse ihrer Kunden diesen Fortschritt erkämpft, können die Kapitäne der Stadtstraßen schon einen neuen Sieg vermelden: Das Berliner Wappen samt Bärchen hat als BVG-Signet ausgedient. Es wirke, so argumentieren die Busfahrer, zu bürokratisch. Behäbigkeit werde mit dem Senatssymbol assoziiert, nicht Schnelligkeit. Ein neues Signet soll künftig das Unglücksbärchi ablösen, damit das Erscheinungsbild der BVG mit den Reformen Schritt hält. Der Beifall des Verkehrssenators und der Fahrgäste jedenfalls ist den Busfahrern gewiß.

Eine schöne Geschichte. Leider ist kein Wort davon wahr. Wohl hatte BVG-Chef Konrad Lorenzen Anfang Juli das neue Signet vorgestellt. Alle neuen Busse, S- und U-Bahnwagen sollten es tragen und außerdem in einem neuen Design - weiß, mit gelber Bauchbinde - erscheinen. Doch dann kam der BVG -Personalrat. Er gab, so hieß es gestern dort, den „Druck der Kollegen im Fahrdienst“ an Lorenzen weiter und protestierte. Besonders erbost waren die BVG-Uniformträger über einen Plan, den es in Wahrheit gar nicht gab: Das Wappen, so das Gerücht, solle auch von der „Dienstkleidung“ getilgt werden. Mit aller Macht kämpften die BVG -Bediensteten um ihr schlechtes Image als unfreundliche, amtliche „Hoheitsträger“ - leider keine Satire.

Folge: Gestern machte Lorenzen einen Rückzieher. Das neue Designkonzept wird zurückgestellt und zur Bearbeitung an die Werbeagentur zurückgegeben. Mit einer Entscheidung will sich der BVG-Chef nun „ganz furchtbar viel Zeit lassen“. „Provinzialismus“ stecke hinter der Kritik, schimpfte Lorenzen gestern noch einmal; auch er fürchtet das Behörden -Image, das die BVG „in den Augen der Bevölkerung hat“ doch der Druck sei einfach zu groß gewesen, bedauerte der BVG-Chef. Es war nämlich nicht der seit jeher stockkonservative BVG-Personalrat allein, der Lorenzen bremste. „Verständnis für die Beschäftigten“ hatte auch Verkehrssenator Wagner (SPD), wie sein Sprecher Göbel gestern bestätigte. Intern war Wagner zuvor, wie zu hören war, mit „harscher Kritik“ auf Lorenzen losgegangen. Selbst Bundespräsident Weizsäcker reihte sich ein in die Bärchen -Front und lobte allen Ernstes das „uns allen vertraute Bären-Emblem“ auf den BVG-Fahrzeugen, als er am Samstag Ernst Reuters Verdienste würdigte. Da braucht es niemanden mehr zu verwundern, daß auch viele BVG-Kunden in Briefen an den Senat und die Springer-Presse ihr Bärchen verteidigten. „Warum ist das Berliner Wappen für die BVG nicht mehr gut genug?“ fragte eine 'BZ'-Leserin. Für diese Berliner ist diese BVG ganz eindeutig gut genug.

Hans-Martin Tillack