Der große Sprung der KP Griechenlands

Die KommunistInnen wollen die Linkskoalition zu einer Massenpartei machen / Auch ein späteres Zusammengehen mit der Pasok wird nicht mehr ausgeschlossen / Die Jugendorganisation befürchtet die „ideologische Entwaffnung“ und den Verlust der politischen Identität  ■  Aus Athen Robert Stadler

Die von der kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) dominierte „Koalition der Linken und des Fortschritts“ verschaffte sich in den vergangenen Wochen Bekanntheit über die nationalen Grenzen hinaus. Spektakulär war ihr Entschluß, nach den Parlamentswahlen vom 18. Juni, bei denen sie 13 Prozent der Stimmen gewann, mit der rechten „Nea Demokratia“ (ND) zusammenzuarbeiten. Unter Führung des konservativen Tzannetakis soll eine Katharsis des politischen Lebens stattfinden und die skandalöse Erbschaft der langjährigen Regierungspartei, der „Panhellenischen Sozialistischen Bewegung“ (Pasok), geregelt werden.

Die aktive Rolle der Kommunisten stößt nicht bei allen GenossInnen auf Gegenliebe. Davon zeugen Sprüche wie „KKE + ND Schande!“ auf Athens Häuserwänden. Genau 40 Jahre nach dem Ende des Bürgerkriegs sitzt die Kommunistische Partei mit den politischen Kräften an einem Tisch, die die KKE in die Illegalität drängten und deren AnhängerInnen jahrzehntelang verfolgten. Da die Katharsis-Regierung jedoch auf drei Monate bis zu den Neuwahlen im Oktober befristet ist und mit der Wahl dieses kleineren Übels zumindest die Pasok-Herrschaft beendet wurde, hält sich der Aufschrei in Grenzen. Grundsätzlicher hingegen ist die Kritik am Engagement der KKE in der Linkskoalition.

In diesen Tagen laufen die Bemühungen der „Koalition der Linken und des Fortschritts“, eine parteiähnliche Struktur zu schaffen, auf Hochtouren. Der Zusammenschluß aus KKE, der eurokommunistisch orientierten „Griechischen Linken“ (ERA), unzufriedener ehemaliger Pasok-Mitglieder, gewerkschaftlich Orientierter und mehrerer traditioneller linker Splittergruppen will den Sprung zu einer Massenpartei wagen.

Vor kurzem hatte bereits Charilaos Florakis das Generalsekretariat der KKE abgetreten, um sich verstärkt als Präsident der Linkskoalition widmen zu können. Ein ähnlicher Schritt wird vom Generalsekretär der zweitgrößten Fraktion ERA erwartet. Diskutiert wird in der Linkskoalition auch ein Zusammengehen mit der Pasok - vorausgesetzt, die skandalumwitterten SozialistInnen reformieren ihre Partei und wechseln zumindest die in die Koskotas-Affäre verwickelten Figuren aus.

Umgekehrt hält auch Expremier und Pasok-Präsident Papandreou die Richtung Linkskoalition für „offen“. Der Pasok-Kongreß Anfang August wird dieses Thema diskutieren müssen.

Widerstand gegen die Akzentverschiebung in der KKE kommt vor allem von der „Kommunistischen Jugend“ (KNE) und aus dem Lager der sogenannten „Stalinisten“. Wegen seiner öffentlichen Kritik wurde bereits Kostas Kappos aus dem ZK ausgeschlossen; ein weiterer „Dissident“, Nikos Kotzias, tat diesen Schritt von sich aus. Beide befürchten die „ideologisch-weltanschauliche Entwaffung und die Selbstauflösung“ der KKE in der Linkskoalition. Ähnlich die Jugendorganisation KNE, in deren Reihen bis zu 40 Prozent „Zweifler“ vermutet werden: Sie beklagen die mögliche Entwertung bei der „Vertretung der Interessen der Arbeiterklasse“. Die KKE-Führung ist jedoch bemüht, Disharmonien im Rahmen eines intensivierten Dialogs zu beseitigen.

Sollte die Kommunistische Partei bei ihrem Anspruch bleiben, auch WählerInnen des Mitte-Links-Spektrums zu vertreten, tangiert sie damit unmittelbar das Problem ihrer politischen Identität. Um mit der Pasok in Konkurrenz treten zu können, müßte sie wohl oder übel zentrale marxistisch -leninistische Grundsätze aufgeben. Die Kritik aus den eigenen Reihen zielt genau darauf ab: Ein Teil der KKE wird es sicher nicht hinnehmen, wenn sich die Partei durch die Hintertür „Linkskoalition“ nur zu einer besseren Verwalterin des Systems als die Pasok es war verwandelt. Daran würde auch ein eventueller Stimmenzuwachs bei den Wahlen nichts ändern.