BGH bestätigt umstrittenes RAF-Urteil

■ Revision wird verworfen / BGH sieht keine Verfahrens- und Rechtsfehler, was den zeitweiligen Ausschluß der Öffentlichkeit betrifft / Urteil: 10 Monate auf Bewährung für angebliche RAF-Werbung damit rechtskräftig

München (taz) - Das RAF-Urteil gegen die 23jährige JanineS. ist jetzt rechtskräftig geworden. Der BGH in Karlsruhe lehnte die Revision der Angeklagten ab. JanineS. wurde im Dezember vergangenen Jahres in einem spektakulären Prozeß vor dem Bayerischen Oberlandesgericht (OLG) wegen Werbens für eine terroristische Vereinigung nach §129a zu zehn Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Grund: Sie soll den Raum für eine Veranstaltung angemietet haben, in der die RAF durch Redebeiträge und entsprechende Transparente unterstützt werden sollte.

Lautete die Anklage zunächtst auf Unterstützung, wurde im Laufe der Hauptverhandlung der Vorwurf auf Werbung abgeändert. Obwohl das Gericht nicht nachweisen konnte, daß JanineS. ein Transparent im Raum angebracht hatte, wurde ihr vorgeworfen, den Raum „werbewirksam“ ausgestaltet zu haben. Bei dieser Veranstaltung in der Münchner Kneipe „Zunfthaus“ im November '86 es im wesentlichen um die Forderung nach Zusammenlegung der RAF-Häftlinge. Außerdem wurde auf einem Transparent die Freilassung Günther Sonnenbergs gefordert. Die Veranstaltung wurde sofort zu Beginn von der Polizei gestürmt und im nachhinein als verboten erklärt.

Mitangeklagt in dem Polit-Prozeß war der 26jährige WolfgangK. Er wurde freigesprochen. Ihm war zunächst vorgeworfen worden, ein entsprechendes Transparent im Saal aufgehängt zu haben. Da das Gericht jedoch einräumen mußte, daß ihm ein „entsprechender Tatbeitrag“ nicht nachzuweisen sei, konzentrierten sich die Ankläger auf die „Tat“ von JanineS. Plötzlich wurde als ihr „strafbares Verhalten“ nicht mehr nur das Anmieten des Raumes gesehen, sondern auch die aufgehängten Transparente spielten eine Rolle. In seiner 19seitigen Revisionsschrift rügte ihr Anwalt, Michael Moos, daß das Gericht während der Hauptverhandlung keinerlei Hinweise in diese Richtung gegeben habe. Somit waren eine entsprechende Verteidigung und die Benennung von etwaigen Entlastungszeugen nicht möglich.

Auf diesen Vorwurf jedoch ging der BGH in seiner Revisionsablehnung mit keiner Silbe ein. Desweiteren monierte der Verteidiger, daß das Gericht es als „gerichtskundig“ betrachtete, die Forderung nach Zusammenlegung der RAF-Gefangenen diene lediglich dazu, den Fortbestand der RAF zu sichern. Humanitäre Zwecke würden damit nicht verfolgt. Der Verteidiger verwies darauf, daß sich hier jedoch seit den ersten Hungerstreiks einiges geändert habe. Inzwischen werde diese Forderung längst von zahllosen Personen aus dem öffentlichen Leben unterstützt. Der 3.Senat des Bayerischen OLG erklärte sich jedoch selbst als sachverständig und trug dieser Entwicklung keinerlei Rechnung. Sämtliche Beweisanträge der Verteidigung in diese Richtung wurden abgeschmettert. Auch auf die umstrittene Formel der „Gerichtskundigkeit“ ging der Verteidiger in seiner Revisionsschrift ein. Die „Gerichtskundigkeit“ könne nicht für alle Zeiten unverändert fortbestehen, so Moos. Das Auftreten anderer Entwicklungen mache eine erneute Beweisaufnahme notwendig. Aber auch dies schien dem BGH kein ausreichender Revisionsgrund.

Neben diesen Verfahrensfehlern rügte der Verteidiger auch den Ausschluß der Öffentlichkeit am zweiten Verhandlungstag.