Vergiften Schrotthändler Fische?

■ Schrottplätze unter Verdacht, PCB in Kanäle und Flüsse geleitet zu haben / Die Umweltverwaltung hat „starke Indizien“ gegen Firma Lepkojus

Die Berliner Schrottplätze sind erneut ins Visier von Umweltsenatorin Michaele Schreyer (AL -nah) geraten. Sie könnten, so die Vermutung von Schreyers Referent Thomas Schwilling, die Hauptverursacher für die hohe Belastung der Berliner Gewässer mit hochgiftigen, krebsverdächtigen polychlorierten Biphenylen (PCB) sein. „Starke Indizien“ glaubt Schwilling vor allem im Fall des Neuköllner Schrottplatzes der Firma Lepkojus in der Hand zu haben.

Die hohe PCB-Verseuchung der Seen, Flüsse und Kanäle wurde im vergangenen Jahr offenbar, als wegen neuer Grenzwerte für PCB für fast alle in Berlin gefangenen Fische ein Vermarktungsverbot ausgesprochen werden mußte. Um den PCB -Quellen auf die Spur zu kommen, hatte die Umweltverwaltung schon unter Schreyers Vorgänger Jürgen Starnick (FDP) damit begonnen, in sämtlichen Gewässern alle 300 Meter Sedimentproben zu entnehmen. „Einsame Spitze“ beim PCB -Gehalt, so Schwilling, war der Neuköllner Schiffahrtskanal. Lag schon die Durchschnittsbelastung des Kanals mit 350 Milligramm PCB pro Quadratmeter weit höher als in den Sedimenten der anderen Gewässer, so erreichte sie ausgerechnet in der Nähe des Lepkojus-Schrottplatzes einen „Peak“. Hier kletterte der PCB-Wert auf bis zu 1.000 Mikrogramm pro Kilogramm - laut Schwilling das Sechs- bis Siebenfache dessen, was an entfernteren Abschnitten des Schiffahrtskanals gefunden wurde. Ausgelaufenes Altöl aus den Autowracks, die bei Lepkojus gelagert und gepreßt werden, könnten die Quelle des Giftes sein, vermutet der Schreyer-Referent. Bodenuntersuchungen auf dem Grundstück, bei denen die Umweltverwaltung bereits 1988 einen PCB-Gehalt von 50 ppm (parts per million) gefunden hatte, weisen für Schwilling ebenfalls in diese Richtung. Er will nun Kontrolluntersuchungen anordnen; denn ab 15 ppm PCB muß normalerweise eine Bodensanierung angeordnet werden.

Mit etwa zehn ppm war der Boden unter vier weiteren Schrottplätzen vergleichsweise gering belastet. Eine Ausnahme mit einem Wert von 200 ppm machte eine Ecke des Schrottwerks Koch& Lange in Spandau. Die Firma hat den Vorwurf der Bodenverseuchung, wie berichtet, bereits zurückgewiesen. Hier, wo neben dem Schrottwerk weitere Schrottplätze angesiedelt sind, vermerkte Schwilling allerdings ebenfalls einen „drastischen Anstieg“ der PCB -Werte im Sediment der Alten Spree.

In den Sedimenten der Unterspree fand die Umweltverwaltung bloß 50 Milligramm pro Quadratmeter, im Landwehrkanal 100. Schwilling vermutet, daß die PCB-Werte auch von der Fließgeschwindigkeit abhängig sein können. Die Umweltbehörde analysiert deshalb nun auch Algen und Muscheln. Außerdem will die Schreyer-Verwaltung einer weiteren möglichen PCB -Quelle nachgehen: dem Regenwasser, das über die Mischkanalisation in die Gewässer gelangt und das ebenfalls mit PCB aus Autoöl verseucht sein könnte. 40 Prozent der PCB -Belastung stamme jedoch aus der DDR, schätzte Schwilling.

hmt