WHO-Mitarbeiter zum Totschweigen der Aids-Mordfälle verdonnert

Genf (taz) Weil die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nach wie vor Berichte über Hunderte von Morden an Aidskranken (siehe taz von gestern) strikt unter Verschluß hält, droht ein Konflikt mit dem Menschenrechtszentrum der UNO. Dessen Sekretär John Pace erklärte gestern gegenüber der taz, die für die Erfassung und Beobachtung von Menschenrechtsverletzungen zuständige UN-Einrichtung habe immer noch „keinerlei die Mordfälle in Brasilien, Sudan, Haiti und Thailand betreffenden Informationen von der WHO erhalten“.

Der Direktor der Aidsabteilung der WHO, Jonathan Mann, hatte am Montag das Vorliegen entsprechender Berichte bestätigt. Sie seien jedoch „umgehend an das Menschenrechtszentrum weitergeleitet worden“. Ein Mitarbeiter der WHO erklärte dagegen gestern, die Berichte seien nach wie vor in Manns Besitz. WHO-Mitarbeiter seien nach den ersten Presseveröffentlichungen über die Angelegenheit inzwischen zu „striktem Stillschweigen verdonnert worden“. Der bei der WHO für Menschenrechtsfragen zuständigen Ärztin Dr. Katharina Tomasevski droht inzwischen die Kündigung. Sie hatte vergangene Woche Journalisten über die Berichte informiert, in denen über Morde an Aidskranken gesprochen wird.

Andreas Zumach