Anklage wegen Tod eines Türken

■ Staatsanwaltschaft: Weder Mord noch Totschlag sondern „Körperverletzung mit Todesfolge“ / Tod auf offener Straße / Täter hatte sein Opfer vor der Tat als „Kanake“ beschimpft

Berlin (taz) - Der gewaltsame Tod des jungen Türken Ufuk Sahin im Berliner Märkischen Viertel geschah nach Auffassung der Staatsanwaltschaft beim Berliner Landgericht nicht in „Tötungsabsicht“. Der 24jährige Sahin war am 12. Mai dieses Jahres nach einem kurzen Streit von dem ihm unbekannten Andreas Sch. auf offener Straße mit einem Messerstich getötet worden. Sein Tod hatte in Berlin große Empörung und heftige Diskussionen über das Thema Ausländerfeindlichkeit ausgelöst. Mehrere Demonstrationen drückten den Protest gegen den alltäglichen Rassismus aus.

Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den 28jährigen Täter, Andreas Sch., erhoben und ihm dabei das geringstmögliche Delikt zur Last gelegt. Die Tötung Sahins sei juristisch nicht als Mord oder Totschlag zu bewerten, sondern als Körperverletzung mit Todesfolge, urteilt die Staatsanwaltschaft. Daß der Täter keine Tötungsabsicht gehabt habe, gehe insbesondere daraus hervor, daß der tödliche Messerstich das Opfer in den Oberschenkel getroffen hatte. Dabei seien die Oberschenkelarterie und Vene von Ufuk Sahin durchtrennt worden, und er sei kurz darauf verblutet.

Über den Hergang der Tat gibt es nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bisher keine Klarheit. Während der Angeschuldigte Andreas Sch. und seine Verlobte behaupten, der junge Türke und sein Freund hätten sie „angemacht“, hatte der Begleiter Sahins berichtet, daß Andreas Sch. sie ohne jeglichen Anlaß mit den Worten „Kanaken raus“ beschimpft habe. Sahin habe versucht, ihn mit den Worten zu beschwichtigen, „ich bin doch auch ein Mensch“, aber sein Gegenüber habe dann unvermittelt auf ihn eingestochen. Der Täter Andreas Sch. hatte unmittelbar nach der Tat selbst die Polizei benachrichtigt. Er sitzt nach wie vor in Untersuchungshaft. Wann das Verfahren gegen ihn stattfindet, ist auch nach der jetzigen Anklageerhebung unklar.

Ve.