Raus aus Berlin, rein in die Datei

■ Inzwischen über 1.100 Ausweisungsverfügungen gegen Polen / Erfassung durch die Ausländerbehörde / Vier Polinnen nach wochenlanger Haft abgeschoben

Adam Z. war in eine der zahlreichen Zivilkontrollen geraten. Einen Paß konnte er nicht vorweisen, dafür fanden die Beamten eine Flasche Wodka und zwei Stangen Zigaretten. Adam Z. versuchte zu erklären, daß er auf seine Frau warte, die die Pässe bei sich habe, aber offensichtlich funktionierte die Verständigung zwischen den deutschen Polizeibeamten und dem polnischen Touristen nicht allzu gut. Seit dem 28.Juli sitzt Adam Z. in Abschiebehaft. Nach Angaben der Innenverwaltung habe sich der Paß nun doch eingefunden. Adam Z. sei demnach „ständig ein- und ausgereist“ zum Zwecke des Handels, wie zu vermuten sei. Jetzt droht ihm eine Ausweisungsverfügung und damit für mindestens ein Jahr das Verbot, wieder nach West-Berlin einzureisen.

Weil das Verbot des Polenmarktes offenbar nicht den gewünschten Erfolg bringt, hagelte es in den letzten Wochen Ausweisungsverfügungen gegen polnische Touristen, die hier durch „Schwarzhandel“, Schwarzarbeit oder Prostitution „aufgefallen“ sind. Über 1.100 Polen sind mittlerweile mit einer Ausweisungsverfügung nach Hause geschickt worden. In der Ausländerbehörde haben die Beamten unterdessen alle Hände voll zu tun, um die Betroffenen behördlich zu erfassen. Da sei man ganz schön am machen, erklärte der zuständige Mitarbeiter der Innenverwaltung, Matznick. Aber die Erfassung sei nun einmal vorgeschrieben, wenn „ein Tourist hier ausländerrechtlich auffällig wird“.

Was sich für den Mann von der Innenverwaltung als behördlicher Gang der der Dinge darstellt, betrachtet Bernhard Pollock vom „Polnischen Sozialrat“ als „Erfassungs und Überprüfungswelle“ gegenüber Polen, um die Einreise nach Berlin einzuschränken. Während polnische Touristen für Reisen in das Bundesgebiet ein Visum beantragen müssen, dürfen sie bekanntermaßen aufgrund einer Regelung der Alliierten ohne Visum nach Berlin einreisen und sich hier bis zu 31 Tagen aufhalten. Dieses „Kontrolldefizit“ - so Rechtsanwalt Peter Meyer - wolle man in Berlin durch das Mittel der Ausweisungsverfügung ausgleichen. Damit sei man die Leute zumindest für ein Jahr los.

Härter hat es da vier polnische Frauen getroffen, die unter dem Verdacht der Prostitution bei einer Razzia festgenommen worden waren. Obwohl sie umgehend erklärt hatten, freiwillig nach Hause zu fahren, saßen sie drei Wochen in Abschiebehaft - aus „Gründen der Abschreckung“, wie ihr Rechtsanwalt Meyer vermutete. Nun wurden sie mit einer lebenslangen Ausweisungsverfügung nach Polen abgeschoben.

anb