: Genfer Dauerbrenner START ohne Fortschritte
Die nunmehr elfte Verhandlungsrunde geht am Montag zu Ende ■ Aus Genf Andreas Zumach
Auch die elfte Runde der START-Verhandlungen wird am Montag in Genf ohne wesentlichen Fortschritte zu Ende gehen und einen zwölften Anlauf im September nehmen. Dabei geht es um die 50prozentige Reduzierung der atomaren Interkontinentalraketen. Vor der UNO-Abrüstungskonferenz bekräftigten die Delegationsleiter der USA und der UdSSR, die Botschafter Richard Burt und Yuri Nazarkin, am Donnerstag die fünf unverändert kontroversen Positionen ihrer Regierungen. Moskau besteht auf einer Klausel im START -Vertrag, in der beide Seiten sich für eine Mindestzeit zwischen sieben und zehn Jahren zur Beachtung des Raketenabwehrvertrages (ABM) von 1972 verpflichten. In dieser Zeit sollen auch keine Raketenabwehrsysteme im Weltraum erprobt oder gar installiert werden dürfen.
Washington möchte SDI unbehindert weiterentwickeln und stationieren. Die Bush-Administration ist zwar zu einer Vereinbarung über die weitere Gültigkeit des ABM-Vertrages bereit, lehnt aber jegliche Verknüpfung zwischen dieser Vereinbarung und einem START-Vertrag ab. Die von der UdSSR geforderte Einbeziehung von auf Schiffen und U-Booten stationierten Cruise Missiles in einen Vertrag lehnen die USA weiterhin ab. Dies sei „nicht verifizierbar“. Das Schwergewicht des strategischen Arsenals der USA ist auf See stationiert. Nazarkin erläuterte dazu erstmals einen kürzlich von der sowjetischen Marine und der Moskauer Akademie der Wissenschaften gemeinsam mit einer privaten US -Umweltschutzorganisation durchgeführten Verifikationversuch. Dabei wurde im Schwarzen Meer mittels Strahlenmeßgeräten aus 70 Metern Entfernung erfolgreich die Existenz von Nuklearsprengköpfen auf einem sowjetischen Kriegsschiff nachgewiesen. Ein Zugang von Inspektoren auf das Schiff war gar nicht notwendig. Burt lehnte dieses Verfahren gestern als „nicht verläßlich und unzureichend“ ab.
Bei flugzeuggestützten Cruise Missiles (CMs) sind nach wie vor Zählweise und Reichweite umstritten. Moskau will die Zahl der maximal auf einem Flugzeug installierbaren CMs für die Berechnung der in einem künftigen Vertrag erlaubten Potentiale beider Seiten zugrunde legen. Washington plädiert für eine politisch ausgehandelte Durchschnittszahl (fünf CMs pro Bomber). Die USA wollen allerdings erst ab 1.600 km Reichweite vertragliche Regelungen, Moskau schon ab 600 Kilometern.
Umstritten ist nach wie vor die vertragliche Obergrenze für Atomsprengköpfe auf bodengestützten Interkontinentalraketen, die das Schwergewicht des sowjetischen strategischen Arsenals ausmachen. Die von der USA vorgeschlagene Grenze von 3.000 bis 3.300 Sprengköpfen auf jeder Seite hat die UdSSR bislang offiziell nicht akzeptiert, jedoch erklärt, daß ihr derzeitiger Bestand unter dieser Grenze liegt. Nicht eindeutig sind die Positionen bei den mobilen landgestützten Interkontinentalraketen. Burt erklärte gestern, die USA verlangen weiterhin eine totale Abschaffung dieser Waffenkategorie, in der die UdSSR derzeit über rund 100, die USA über keine verfügt. Burt deutete allerdings an, daß man auch zu einer Obergrenze oberhalb 100 bereit sein könnte, falls der US-Kongreß die verlangten Mittel für die mobilen Raketen (MX und/oder Midgetman) zur Verfügung stellt.
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